Das nennt sich Understatement: Hinter unaufdringlichem Äußerem verbirgt sich ein Technologiepaket erster Güte. Unter anderem schwimmt der neue Audi A4 automatisch mit im Stop-and-go-Verkehr

A4-Präsentation in Venedig. Wie darf man denn das verstehen? Als Hommage auf Shakespeare (Othello, der Mohr von Venedig)? Oder baut Audi von seiner Mittelklasse nun auch eine Amphibienversion? Kommt eine Vaporetto-Edition? Alles Fehlanzeige, bis auf eine Assoziation – oder deren zweie: Der Stauassistent nimmt uns den lästigen Stop-and-go-Verkehr ab, der A4 schwimmt automatisch im Verkehrsgeschehen mit, auch mehrspurig, sich dem Bewegungsfluss der Masse anpassend, bis 60 km/h, und das ist wieder ein ganz konkreter Schritt in Richtung autonomes Fahren.

Foto: Audi

Die andere Sache wäre die mit dem Licht. Seit Tizians Zeiten steht die Serenissima für ein ganz besonderes Licht, das der venezianischen Malerei (mit) ihre Einzigartigkeit verleiht. Audi wiederum forciert die LED-Lichttechnologie und beansprucht wenn nicht Einzigartigkeit, so doch eine gewisse Sonderstellung – gleichwohl der Teufel nicht schläft und Konkurrenz wie etwa BMW kräftig nachrüstet. Jedenfalls, Audisten sehen im A4 mit dem optionalen LED- und Matrix-LED-Licht scharf wie noch nie – und es verleiht Front und Heck eine markante Note.

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Womit wir beim Design wären, vom Licht zum Lichte. Man kann sich dem Thema von zwei Seiten nähern. 1.) Kantigere Formen als bisher, aber so unaufdringlich-klassisch, dass keiner verschreckt wird, fraglos ein absatzförderndes Element. 2.) Was denn, kein Facelift, sondern ein ganz neuer A4? Höchste Zeit für eine neue gestalterische Ära, die mit Designchef Marc Lichte immerhin in Aussicht steht, der nächste A8 wird der erste Audi in der Designrevolte.

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Innen indes gibt es null Anlass für Kritik. Das horizontal gegliederte Interieur ist von feinster Machart, das schon von TT und Q7 bekannte virtuelle Cockpit hat auch in den A4 gefunden und hinsichtlich Konnektivität ist alles verfügbar, was das Herz begehrt (sofern es dies tut), bis hin zur umfassenden Handyintegration. Die Telefonbox im Mittelfach bindet Smartphones sogar an die Bordan tenne an und lädt sie induktiv. Da der A4 aber nach wie vor ein FAHRzeug ist, verlassen wir diese Abteilung mit dem Hinweis, dass er sich mit insgesamt 30 Assistenzsystemen ausrüsten lässt.

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Die Limousine fährt sich erwartungsgemäß souverän, schon als Fronttriebler, wie sich bei den ersten Testfahrten in Venetien feststellen ließ. Von den vier (komplett neuen) Fahrwerksversionen hat man bei jenen mit Dämpferregelung erstmals die Wahl zwischen Sport- und Komfortfahrwerk (jedes davon wiederum mit unterschiedlichen Modi), und sogar im Sportfahrwerk hat die Komforteinstellung einen ausgesprochen sänftenhaften Charakter, mit mehr Seitenneigung als erwartet. Da wechseln wir gleich rüber in den knackigen Dynamik-Modus.

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Dass sich der A4 so leichtfüßig fährt, liegt an mehreren Faktoren: modularer Längsbaukasten zweiter Generation mit, wie gesagt, komplett neu entwickelten Fahrwerken; elektromechanische Servolenkung; Abspeckung um bis zu 120 kg; kräftigere, zugleich deutlich sparsamere Aggregate. Und noch was: So still und leise ging es noch in keinem A4 zu.

Abgesehen davon: Venedig ist immer eine Reise wert. Wie sagte schon Henry James? "Es gibt zwei Arten von Städten: Alle anderen und Venedig." Einzigartig eben. Und der A4? Nicht einzig, aber artig. Sehr sogar. (Andreas Stockinger, 25.9.2015)

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Hinweis im Sinne der redaktionellen Leitlinien: Die Teilnahme an internationalen Fahrzeug- und Technikpräsentationen erfolgt großteils auf Basis von Einladungen seitens der Automobilimporteure oder Hersteller. Diese stellen auch die hier zur Besprechung kommenden Testfahrzeuge zur Verfügung.

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