Dieser Fisch ist nicht, was er zu sein scheint: Er imitiert optisch einen anderen Buntbarsch, um andere Fische besser attackieren zu können.

Foto: Uni Basel

Wien – Aggressive, anderen Fischen die Schuppen vom Leib fressende Buntbarsche im Tanganjikasee sind in Sachen Tarnen und Täuschen ziemlich raffiniert: sie imitieren das Streifenmuster zweier friedlicher Arten. So verkleidet attackieren sie nicht wie bisher angenommen nur die jeweils imitierte Art, sondern alle möglichen Fische, fand ein österreichischer Zoologe heraus. Die Studie erschien im Fachblatt "Biology Letters".

Diese Buntbarsche der Art "Plecodus straeleni" nähern sich ihren Opfern von hinten und schießen dann blitzschnell auf sie zu, um ihnen mit dem Maul von der Flanke eine oder mehrere Schuppen herauszureißen, je nachdem wie groß diese sind, erklärte Walter Salzburger, der am Zoologischen Institut der Universität Basel forscht. Damit er nicht schon von weitem als Angreifer erkannt wird, bedient sich der Schuppenfresser aggressiver Mimikry: Er tarnt sich als harmloser Fisch, indem er das gleiche blaugestreifte Muster trägt wie zwei friedlich lebende Buntbarscharten.

Universität Basel

Wahlloser Angreifer

Gemeinsam mit Kollegen hat Salzburger die Schuppen in den Mägen von 38 auf Tauchgängen gefangengen P. straeleni-Buntbarschen untersucht. Die Forscher sequenzierten die DNA der Schuppen und konnten so anhand eines molekularen Barcodes herausfinden, welchen Fischen sie einst gehörten. Die Verteilung der Schuppen in ihren Mägen entsprach ziemlich genau der Fisch-Gemeinschaft, die im Lebensraum der Schuppenfresser vorkommt, und zwar sowohl in Bezug auf die Dichte der Individuen sowie der Vielfalt.

"Es hat sich also herausgestellt, dass diese Buntbarsche alle anderen Fische attackieren, sobald sie die Möglichkeit dazu haben", so Salzburger. Nicht nur die Schuppen anderer Buntbarsche endeten in ihren Mägen, sondern auch etwa welche von Stachelaalen. Bisher habe man angenommen, dass sich die P. straeleni-Buntbarsche tarnen, um sich ihren optischen Vorbildern unauffällig zu nähern, und vor allem deren Schuppen zu erbeuten.

Unauffällige Ausgewogenheit

Bei den nachgeahmten Spezies handelt es sich um "Neolamprologus sexfasciatus" und "Cyphotilapia gibberosa", die vorwiegend von kleinen Schnecken und Schrimps leben. "Wenn die beiden Raubfische wären, würde es wenig Sinn machen, sie nachzuahmen, um andere Fische zu überfallen", so der Biologe. Denn dann hätten die sprichwörtlichen Wölfe das Fell eines anderen Raubtieres angezogen, mit dem sie ihre Opfer wohl kaum in Sicherheit wiegen könnten.

Damit die Tarnung funktioniert, müsse die Zahl der getarnten Räuber deutlich geringer sein als die ihrer Opfer. Die anderen Fische würden nämlich schnell lernen und bald die Flucht ergreifen, sobald sie etwas blau Gestreiftes erblicken. "Bei den Buntbarschen ist das Verhältnis von P. straeleni und seinen Vorbildern etwa Eins zu Zehn", so Salzburger. (APA, red, 27.9.2015)