Sarengrad an der Donau: Die Flüchtlinge sind 20 Kilometer durch Kroatien gegangen und werden wieder nach Serbien zurückgeschickt.

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"Wann kommt der Bus? Werden wir jetzt nach Ungarn gebracht?" Jubran Akhouri kennt sich nicht aus. Aber es kennt sich sowieso niemand mehr aus. Das Dreiländereck zwischen Serbien, Ungarn und Kroatien ist zu einem Irrgarten für Flüchtlinge geworden, sie werden mal dort und dann wieder dort hingeschickt. Die Grenzen zu Serbien sind zwar offiziell geschlossen, aber hunderte Iraker, Afghanen, Iraner und Syrer wandern dennoch die Landstraße vom serbischen Sid in Richtung Ilok in Kroatien entlang.

Manche ruhen sich in Weingärten aus, manche im Schatten der bizarren Lehmwände, die aus den Straßen Schluchten machen und in denen der Traminac gelagert wird. 20 Kilometer weiter, an der Donau in der Nähe von Sarengrad, warten sie darauf, mit dem Bus wieder Richtung Serbien gebracht zu werden und dann weiter nach Ungarn. Kroatische Polizisten hätten ihnen erklärt, dass es so passieren soll, und anders kämen sie hier nicht weg. Frauen und Kinder zuerst, heißt es. Es gibt kein Wasser mehr, viele liegen erschöpft am Boden, sie sind fünf Stunden in der Nacht durchmarschiert.

Lastwagen warten an Grenze

Seit Kroatien wegen der Ankunft der Flüchtlinge die Grenzen zu Serbien geschlossen hat, ist ein Riesenstreit zwischen den Nachbarn ausgebrochen. Denn nicht nur die Flüchtlinge können nicht mehr passieren, auf der serbischen Seite warten kilometerlang seit Tagen die Lkws. Aus der Flüchtlingskrise wurde ein Handelskrieg. Der serbische Premier Aleksandar Vucic drohte am Dienstag mit Konsequenzen, wenn Kroatien die Grenzen nicht bis zwei Uhr nachmittags wieder öffnen sollte und die EU nicht reagieren würde, obwohl Brüssel mit der Entscheidung Kroatiens, die Grenze zu schließen, ja gar nichts zu tun hat. Die Verantwortung für die Außengrenzen eines EU-Mitgliedsstaates liegt zudem ausschließlich bei diesem Staat und nicht bei der EU.

Vucic sprach von einem unglaublichen Skandal, und dass Kroatien versuche, die Wirtschaft Serbiens zu zerstören. Der kroatische Innenminister Ranko Ostojic wiederum warf Serbien vor, absichtlich Flüchtlinge nach Kroatien statt nach Ungarn zu schicken. In Zagreb ist von einem "Abkommen" zwischen Serbien und Ungarn gegen Kroatien die Rede. Kroatien drohte die Grenzen noch dichter zu machen und schickt die Flüchtlinge weiter nach Ungarn, zurück nach Serbien, und sogar Rumänien ist im Gespräch.

Sorgen um Europa

Der 28-jährige Akhouri aus Damaskus macht sich ernsthaft Sorgen um Europa, aber nicht so sehr wegen der Streitereien, sondern wegen einiger Leute, die hier mit ihm warten. "Unter diesen Flüchtlingen sind Islamisten, die hassen in Wahrheit die europäischen Werte", erklärt er. Der 28-jährige Tourismusfachmann schätzt, dass nur 20 Prozent der Flüchtlinge Syrer seien. Viele würden sich auf der Flucht gefälschte syrische Personalausweise kaufen. Diese würden zurzeit zwischen 100 und 125 Dollar kosten, erzählt der Mann, der in einem Wiener Restaurant vor ein paar Jahren ein Praktikum gemacht hat.

"Die in Brüssel wissen aber Bescheid darüber, und das sind sehr gescheite Leute, die werden eine Lösung finden", glaubt Akhouri. (Adelheid Wölfl aus Sarengrad, 22.9.2015)