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Immer ärger mit den Festplatten: Ein neues Gerichtsurteil stellt den aktuellen Modus der Abgabe infrage

Foto: AP/Roland

Das Wiener Handelsgericht sorgt mit einem aktuellen Urteil für einen Paukenschlag beim Streitfall Festplattenabgabe: Das Gericht hat entschieden, dass Amazon zumindest vorerst keine Urheberrechtsabgabe an die österreichischen Verwertungsgesellschaft Austro-Mechana überweisen muss. Das Handelsgericht begründet dies mit zwei Schwachstellen im aktuellen Gesetz: Einerseits verstoße die Verwertungsgesellschaft bei der Ausschüttung der eingenommenen Summen gegen das EU-weite Diskriminierungsverbot, andererseits werde Kunden, die Festplatten nicht für Privatkopien nutzen, die Rückvergütung der Abgabe erschwert.

Verwertungsgesellschaft: "Nicht überbewerten"

Vor der aktuellen Urteilsfindung hatte der Rechtsstreit eine lange Reise unternommen: Der Fall war bereits zum Obersten Gerichtshof (OGH) gelangt und von diesem an den Europäischen Gerichtshof (EuGH) weitergeleitet worden. Dieser entschied, dass das österreichische System Rückvergütungen nicht ausreichend einfach ermögliche. Der OGH schickte den Fall daraufhin wieder zurück in die erste Instanz, in der nun eben das Handelsgericht Wien entschieden hat. Das Urteil ist allerdings nicht rechtskräftig. Die Austro-Mechana kündigt im Gespräch mit dem STANDARD eine Berufung an. "Man soll dieses Urteil nicht überbewerten", sagt deren Jurist Paul Fischer.

Komplikationen auch mit neuem Gesetz

Verkompliziert wird die Materie, da am 1. Oktober ohnehin die neue Urheberrechtsnovelle in Kraft tritt. Sie klärt einige Punkte bei der seit Jahren umstrittenen Festplattenabgabe. Der Hauptkritikpunkt des Handelsgerichts bleibt allerdings auch durch das neue Gesetz bestehen: Die Austro-Mechana soll nichtösterreichische Künstler nicht ausreichend bei der Ausschüttung der erhaltenen Abgaben berücksichtigen.

So wird die Hälfte der Einnahmen nach einem bestimmten Schlüssel an erfolgreiche Künstler ausgeschüttet, die andere Hälfte soll durch sogenannte SKE-Fonds jungen und von Unterstützung abhängigen Künstlern zugute kommen. Die sozialen Einrichtungen sind laut Handelsgericht "de facto ausschließlich für Personen mit österreichischer Staatsbürgerschaft oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland" gedacht.

"System ergibt Sinn"

Die Austro-Mechana streitet dies ab. "Das System hat bislang Sinn ergeben – wenn man sich den gesamten Kontext ansieht, wird klar, dass das in jedem EU-Mitgliedsstaat so gehandhabt wird", sagt Fischer. Amazon habe als beklagte Partei "immer wieder neue Argumente gesucht und gefunden." Eine Änderung des Modus operandi wolle die Austro-Mechana deshalb nicht.

Einen leichteren Zugang zu Rückvergütungen bei Privatpersonen – ein zweiter Hauptkritikpunkt des Gerichts – will die Verwertungsgesellschaft auch nicht ermöglichen. "Wenn Privatpersonen die Rückvergütung mit einem Formular unkompliziert beanspruchen dürften, müssten wir anschließend jeden Einzelnen kontrollieren – damit wäre das Pauschalsystem obsolet. Keine Verwertungsgesellschaft in Europa bietet diese Möglichkeit momentan an", sagt Fischer, "das System ist darauf angelegt, möglichst praktisch zu sein."

Es geht um "erhebliche Summen"

Die neue Urheberrechtsnovelle sieht hier aber zumindest ein transparenteres Gebaren der Verwertungsgesellschaften und klarere Regeln für die Rückvergütung vor. Allerdings war auch schon bei der Begutachtung des Gesetzesentwurfes heftige Kritik am Modus der Rückvergütung zu hören. Es bleiben also auch bei der neuen Urheberrechtsnovelle noch viele Fragen offen. Unklar ist außerdem, ob Amazon die Festplattenabgabe rückwirkend bezahlen muss, wenn die Austro-Mechana ihr System ändern würde. Laut Verwertungsgesellschaft gehe es jedenfalls um "erhebliche Summen". (Fabian Schmid, 21.9.2015)