Nach einem halben Jahr Achterbahnfahrt mit ihrem linksgerichteten Regierungschef geben die Griechen Alexis Tsipras eine zweite Chance. Was er dieses Mal machen soll? Das Spar- und Reformprogramm, das er mit Griechenlands Gläubigern ausgehandelt hat, wenigstens sozial verträglich umsetzen. Und Korruption, Cliquenwirtschaft und Steuerhinterziehung bekämpfen, wozu sich die Konservativen nie aufraffen konnten.

Das ist die zweite Botschaft dieser Wahl: Die konservative Nea Dimokratia, Dauerregierungspartei seit Griechenlands Rückkehr zur Demokratie 1974, wird nicht mehr gewünscht. Die Enttäuschung über Tsipras und seinen Amateurismus mag groß sein, aber die Abneigung der Griechen gegen die "alte Ordnung" ist größer. Der – für griechische Verhältnisse – junge Tsipras bleibt weiter die Hoffnung für den Wandel im Land.

Doch hier beginnen schon die Probleme. Alexis Tsipras nannte das Kreditabkommen das Ergebnis einer Erpressung durch die Gläubiger in der Eurozone. Er glaubt wohl auch jetzt nicht daran. Tsipras’ Partei hat sich gespalten.

Was Syriza heute ist, vermag niemand zu beantworten. Die Maoisten sind noch irgendwie dabei, die Grexit-Befürworter draußen, die Reformkommunisten scharen sich um Tsipras. Die Personaldecke ist nicht dicker und besser geworden. Verwaltungs- und Wirtschaftsreformen sind allenfalls von einem seriösen Koalitionspartner zu erwarten. (Markus Bernath, 20.9.2015)