Moskau/Berlin – Russland schließt eine Beteiligung am syrischen Bürgerkrieg mit Bodentruppen an der Seite von Präsident Bashar al-Assad nicht aus. Sollte die Bitte um Entsendung von Truppen aus Syrien kommen, werde dies erwogen, sagte Regierungssprecher Dmitri Peskow am Freitag. "Gegenwärtig ist es aber schwer, hypothetisch zu sprechen."

Die USA haben Bereitschaft signalisiert, ihr militärisches Vorgehen in Syrien mit Russland abzustimmen. In Deutschland setzt Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen auf eine Lösung des Bürgerkriegs bei der UN-Vollversammlung Ende des Monats. Alle EU-Staaten haben angesichts des Flüchtlingsstroms aus Syrien ein besonderes Interesse an der Beendigung des Konflikts.

Peskow machte zunächst keine näheren Angaben. Russland unterstützt Assad bereits mit Waffenlieferungen, die Regierungstruppen sind aber seit Ausbruch der Aufstände 2011 zunehmend in die Defensive geraten. Zum stärksten Gegner von Assad hat sich die Extremistenmiliz "Islamischer Staat" entwickelt. Der syrische Außenminister Walid al-Muallem hatte am Vortag erklärt, sollten russische Truppen nötig sein, werde man sie anfordern. Gegenwärtig sei das aber nicht der Fall.

Lawrow: Assads Rücktritt ist Utopie

Ebenfalls am Vortag hatte der russische Außenminister Sergej Lawrow einen Rücktritt Assads als Utopie abgetan. Ein Abgang Assads werde keinen Erfolg im Kampf gegen Terroristen im Nahen Osten bringen, sagte Lawrow.

Die USA bekämpfen den IS in Syrien und im Irak mit Luftangriffen, schließen den Einsatz von Bodentruppen aber aus. Sie lehnen eine Zusammenarbeit mit Assad ab. Nachhaltige Erfolge hat der US-Einsatz bisher kaum gebracht. Obwohl kurdische Milizen Geländegewinne im Norden des Landes erzielen konnten, bleibt der IS die dominierende Kraft neben den Assad-Truppen. Angesichts dessen weichte die westliche Front gegen Assad zuletzt auf. Spanien und Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) schlugen Verhandlungen mit dem syrischen Präsidenten vor.

USA bereit für "militärtaktische" Gespräche mit Russland

Auch in den USA ist Bewegung in der Frage internationaler Zusammenarbeit bei der Lösung des Konflikts gekommen. Die US-Regierung sei offen für militärtaktische Gespräche mit Russland, sagte ein Sprecher des Präsidialamts. Solche Gespräche könnten nützlich sein, um Probleme und Zwischenfälle zu vermeiden. Zudem würden es die USA begrüßen, wenn Russland einen konstruktiven Beitrag zum Kampf gegen den IS leiste. Auch Deutschland vertritt diese Linie. "Wir würden uns wünschen, dass Russland sich in einem abgestimmten Format auch am Kampf gegen IS beteiligt", erklärte eine Sprecherin des deutschen Außenministeriums.

Aus Sicht von der Leyens könnte die UN-Vollversammlung Ende des Monats Gelegenheit zur Abstimmung eines gemeinsamen Vorgehens bieten. Voraussetzung für die Beendigung der Krisen in Syrien und im Irak sei ein Minimalkonsens darüber, "wen unterstützen und wen bekämpfen". Auf die Vollversammlung sei "große Hoffnung und Erwartung" gerichtet, zu diesen Minimalkonsens zu kommen. Bevor man "mit den notwendigen Mitteln in Syrien und im Irak operativ tätig wird", müsse dieser politische Konsens hergestellt werden.

Kerry reist nach Berlin

Am Sonntag kommt US-Außenminister John Kerry zu Gesprächen mit dem deutschen Außenminister Frank-Walter Steinmeier nach Berlin. Im Mittelpunkt des Treffens soll die Lage in Syrien stehen, teilte das Ministerium am Freitag mit. Steinmeier hat wiederholt vor einer weiteren militärischen Eskalation des Syrien-Konflikts gewarnt. Allerdings räumte das Auswärtige Amt auch ein, Gespräche mit der IS-Miliz machten keinen Sinn. Bereits am Freitag führt Kerry Gespräche in London.

Im Kampf gegen Aufständische haben die syrischen Regierungstruppen nach Angaben von Aktivisten erneut Fassbomben auf Zivilisten abgeworfen. Bei dem Angriff auf eine von Rebellen gehaltene Stadt in der Nähe von Deraa seien am Donnerstagabend 21 Zivilisten getötet worden, berichtete die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte. Unter ihnen seien zwei Kinder und vier Frauen gewesen. (APA, 18.9.2015)