In der Schwarzlhalle in Unterpremstätten übernachteten kurzfristig rund 1.000 Menschen. Dann leerte diese sich wieder.

Foto: Samariterbund

Unterpremstätten/Graz – Unter einer bunten Decke blitzen dunkle Locken und eine kleine Kindernase hervor. Es ist Mittwoch später Nachmittag, und das zweijährige Mädchen schläft tief, obwohl rundherum auf und zwischen hunderten Betten Menschen sitzen, reden und ein und aus gehen. Neben dem Mädchen sitzt der Vater – den Kopf in seine Hände gestützt. "Die Mutter ist in Syrien gestorben", erzählt eine freiwillige Helferin in der Schwarzlhalle in Unterpremstätten bei Graz, er habe am Morgen gefragt, ob ihm jemand beim Frisieren der dichten Locken seiner Tochter helfen könne, das habe immer die Mutter gemacht.

Mehr als 1.000 Menschen übernachteten von Dienstag bis Donnerstag in der Halle des Freizeitzentrums am Schotterteich. Eine blaue Wasserrutsche schraubt sich in den bewölkten grauen Himmel. Sie ist derzeit nicht in Betrieb. Zwischen Bierwerbungen mit der Aufschrift "Desperados" sitzen junge Männer und ganze Familien still am Ufer, wo sich sonst Badegäste vergnügen. Andere Jugendliche spielen vor der Halle Federball oder Fußball.

"Emotional runterkommen"

"Uns ist es auch wichtig, dass sie hier emotional runterkommen können", erzählt Wolfgang Krenn, Bundeseinsatzleiter des Arbeiter-Samariter-Bundes, der die Halle im Auftrag des Innenministeriums als Transitunterkunft betreibt. "Nicht nur das Bedürfnis nach Nahrung, Kleidung und Hygiene wird befriedigt, die Leute brauchen auch Ruhe."

Die Hilfsbereitschaft der Bevölkerung sei auch hier "enorm". Die Spendenlager seien derzeit gefüllt. Rund 350 Freiwillige hätten diverse Dienste übernommen, so Krenn. Etwa Essenausgabe, Putzdienste, Kinderbetreuung und medizinische Versorgung.

Dabei kann es auch zu durchaus lustigen Szenen kommen, wie eine freiwillige Helferin, die mit der Essensausgabe beschäftigt war, dem STANDARD erzählt. Auf einer Dose mit Heringen war ein Panda als WWF-Siegel abgebildet. "Das hat bei zwei Männern kurz für Aufregung gesorgt, sie haben zuerst gedacht, da ist Pandafleisch drinnen, dann haben sie gefragt, ob es Futter für Pandas ist", erzählt die Frau lachend, "wir konnten das dann aber aufklären."

Zeltstadt in Spielfeld

Am Donnerstagnachmittag ist Ruhe eingekehrt. In der Nacht zuvor fuhren 200 Menschen mit dem Zug Richtung Deutschland, 700 in Bussen am Donnerstag nach Oberösterreich. Auch die mit 1.000 Flüchtlingen belegte Halle eines ehemaligen Baumarktes in Graz ist mittlerweile leer. Nur rund 30 Personen, vorwiegend Syrer, haben in Graz um Asyl angesucht.

"Jetzt wird alles geputzt und die Decken chemisch gereinigt, am Abend sind wir wieder einsatzbereit", erzählt Krenn. Doch wann Flüchtlinge über die neue Balkanroute, also über Kroatien und Slowenien an die Grenzen von Kärnten und der Steiermark kommen werden, ist noch unklar.

Auch der Großteil der in Klagenfurt und Villach betreuten Flüchtlinge ist weitergereist. Rund 130 blieben bis auf weiteres in der Kärntner Landeshauptstadt. Indessen sind sowohl in der Steiermark als auch in Kärnten die Kontrollen an den Grenzübergängen zu Slowenien angelaufen.

Ständig neu bewerten

Im steirischen Grenzbereich – am Spielfelder Lkw-Parkplatz – wird eine Zeltstadt aufgebaut, die je nach Bedarf in den nächsten Tagen erweitert wird. Die Situation werde in bundesweiten Videokonferenzen mit dem Innenministerium "fast stündlich neu bewertet", sagte der Kärntner Polizeisprecher Rainer Dionisio im STANDARD-Gespräch. Es werde nun auch rechtlich abgeklärt, ob Züge aus Slowenien von österreichischen Beamten schon in Slowenien kontrolliert werden können. (cms, mue, 17.9.2015)