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Ein Fischer auf Iglulik im Territorium Nunavut (Nordkanada). Die Insel wird seit über 2000 Jahren von Inuit und deren Vorfahren bewohnt.

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London/Wien – Das Leben in der Arktis ist hart. Doch auch das extreme Klima und das sehr einseitige Nahrungsangebot ließen den Menschen nicht davor zurückschrecken, diese Region bereits vor Jahrtausenden zu besiedeln.

Schon lange bevor die direkten Vorfahren der heutigen Inuit im frühen zweiten Jahrtausend aus Sibirien kommend den Nordosten Amerikas erreichten, existierten verschiedene regionale Kulturen – allesamt auf einen einzigen sibirischen Ursprung zurückzuführen. Landwirtschaft und Viehzucht waren in dieser unwirtlichen Gegend zu keiner Zeit möglich, und so lebten die Menschen dort seit jeher von Fischerei und Jagd – insbesondere nach Meeressäugern wie Walen und Robben.

Auf dem traditionellen Speiseplan der Inuit steht dementsprechend bis heute nahezu beispiellos fett- und eiweißreiche Kost. In früheren Zeiten deckten etwa die Grönländer bis zu 75 Prozent ihres täglichen Energiebedarfs allein durch tierisches Fett. Doch wie lässt sich diese extreme Ernährung langfristig nicht nur halbwegs unbeschadet, sondern noch dazu regelrecht gesund überstehen? Die Raten an Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Diabetes sind unter Inuit, die sich traditionell ernähren, nämlich ausgesprochen niedrig.

Nützliche Mutationen

Ein internationales Forscherteam um Matteo Fumagalli (University College London) und Rasmus Nielsen (University of California, Berkeley) fand nun die Antwort darauf: Es sind die Gene. Das zeigte ein umfangreicher Genomvergleich von 191 Inuit aus Grönland, 60 Europäern und 44 Han-Chinesen. Dabei kamen bei allen Inuit spezielle Mutationen ans Licht, die bei den Vergleichspersonen fehlten – und im Fettstoffwechsel eine gewichtige Rolle spielen.

Wie die Forscher in Science berichten, begünstigen die Mutationen einiger Gene unter anderem die Verstoffwechslung der Fettsäuren Omega-3 und Omega-6 stark, und gerade die kommen in der traditionellen Inuitkost reichlich vor. Aber auch die Regulierung des Körperwachstums hänge mit den betroffenen Genen zusammen, so die Wissenschafter: Die betreffenden Mutationen würden demnach nicht nur das gesamte Fettsäurenprofil im Körper der Inuit verändern, sondern gleichzeitig auch deren Körpergröße und Gewicht verringern.

"Das ist der erste Nachweis, dass sich menschliche Populationen an eine bestimmte Ernährungsweise angepasst haben und körperlich anders als andere Menschen darauf reagieren", so Nielsen. Die Analysen ergaben auch, dass sich die betreffenden Mutationen schon vor mindestens 20.000 Jahren möglicherweise unter den Sibiriern herausgebildet haben und ursprünglich in vielen Populationen verbreitet gewesen sein dürften, meint Fumagalli: "Sie könnten den Menschen während der letzten Eiszeit dabei geholfen haben, sich an ihre extreme Umwelt anzupassen." (David Rennert, 17.9.2015)