Der 29-jährige Blogger legt sich mit Russlands Regierung an.

Foto: Twitter/Lewijew

Die russische Regierung hat einen neuen Gegner: einen 29-jährigen Juristen namens Ruslan Lewijew, der sich auf seinem Blog den Geheimnissen des russischen Militärs widmet. Lewijew war der Erste, der die erhöhte russische Militärpräsenz in Syrien thematisierte. Zuvor hatte er Truppenbewegungen in der Ostukraine aufgedeckt. Jetzt hat das Staatsfernsehen ihn zum Feind auserkoren: Seine Berichte seien "vom ersten bis zum letzten Wort erfunden", zitiert der "Spiegel" Kreml-treue Nachrichtensendungen.

Umstrittene Methoden

Der "Blogger von zweifelhaftem Ruf", wie ihn Nachrichtensprecher in Russland nennen, arbeitet mit umstrittenen Methoden. Lewijew forscht beispielsweise in sozialen Netzwerken nach russischen Soldaten und beobachtete ihre Kommentare. "Abfahrt nach Syrien", stand dort beispielsweise zu lesen. Auch Bildaufnahmen bestätigten die damaligen Gerüchte über russische Truppen in Syrien, die dank Satellitenfotos mittlerweile zur Gewissheit geworden sind.

Undercover

Lewijew präsentierte außerdem das Protokoll eines Chats, das die Truppenverlegung bestätigen soll: Die Ehefrau eines Soldaten hatte Lewijew gegenüber angegeben, dass ihr Mann nach Syrien unterwegs sei. Im Staatsfernsehen behauptete sie nun, "gehackt" worden zu sein. Lewijew nutzt Mittel, die medienethisch heikel und in Russland illegal sind: Er gibt sich mit Mitarbeitern als Parlamentarier aus und besucht die Mutter eines in der Ostukraine getöten Soldaten oder installiert kleine Kameras entlang von Bahnstrecken, um Waffenlieferungen zu dokumentieren.

Machtwechsel als Ziel

Blogger ist er geworden, weil ihn Gerechtigkeit antreibt. Der studierte Jurist hatte als staatlicher Ermittler gearbeitet, doch die Gegebenheiten im Job frustrierten ihn. Er selbst bezeichnet sich gegenüber des Spiegels als "Nationalist", den die "Sorge um das eigene Volk, das säuft, sich selbst versklavt und glaubt, immer einen Zaren zu brauchen" antreibt. Er will einen Machtwechsel erreichen. Kritische Journalisten leben in Russland gefährlich, ebenso Oppositionspolitiker. Immer wieder kommt es zu Attentaten. (fsc, 17.9.2015)