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Kritiker sehen das Gesetz als "unausgegoren" an.

Das deutsche Bundeskabinett hat ungeachtet der Kritik aus der Wirtschaft, von Verbraucherschützern undOnline-Aktivisten einen Gesetzesentwurf zum Betrieb öffentlicher WLAN-Hotspots in unveränderter Fassung verabschiedet. Berlin will mit dem neu gefassten Telemediengesetz die Ausweitung von öffentlichen WLAN-Hotspots unterstützen.

Danach sollen Betreiber von öffentlichen WLANs nicht mehr als "Störer" automatisch für Rechtsverletzungen ihrer Nutzer haftbar gemacht werden können. Kritiker sehen allerdings die gesetzten Hürden für einen Betrieb als zu hoch angesetzt an und halten die geforderten Voraussetzungen für unrealistisch.

Regierung will mehr offene WLANs

Mit dem zweiten Gesetz zur Änderung des Telemediengesetzes habe die Regierung zusammen mit weiteren Maßnahmen einen sicheren und verlässlichen Rechtsrahmen für öffentliches WLAN geschaffen, sagte Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) am Mittwoch. "Jetzt können Städte, Cafes, Hotels und Private ihr WLAN rechtssicher öffnen." Die Bundesregierung wolle dadurch mehr öffentliche Hotspots in deutschen Städten anstoßen.

Das Haftungsprivileg soll laut Bundesregierung bewirken, dass WLAN-Diensteanbieter für Rechtsverletzungen anderer, etwa beim unberechtigten Anbieten von Musik oder Filmen, nicht schadensersatzpflichtig werden und sich nicht strafbar machten. "Das Haftungsprivileg ist ein wesentlicher Bestandteil der europäischen Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr", teilte die Bundesregierung mit.

Kritik an Umsetzung

Das Gesetz wirke allerdings einer flächendeckenden Verbreitung von öffentlichen WLAN-Netzen gerade im Kern entgegen, lautet die Kritik. Betreiber müssten dafür sorgen, dass jeder Nutzer einzeln erklärt, keine Rechtsverletzungen zu begehen. Das bedeute, dass der Betreiber an jeden einzelnen Nutzer Zugangscodes vergeben müsse, kritisierte beispielsweise der IT-Verband Bitkom.

Experten der Grünen werten das neue Gesetz als Schritt hin zur Aufweichung von Grundrechten: Wer "die Anonymität im Netz durch einen vollkommen unausgegorenen Gesetzentwurf zur Störerhaftung offen in Frage stellt", zeige nur, "wie sehr er auch weiterhin mit allem Digitalen fremdelt", merkte der Grünen-Abgeordnete Konstantin von Notz an. "Das Recht auf Anonymität müssen wir ausbauen statt es abzusägen."

Der Handelsverband HDE fürchtet gar eine generelle Behinderung bei der Digitalisierung im Einzelhandel. Bezahlen mit dem Smartphone und andere Dienste könnten zum Beispiel nur mit einer stabilen Internet-Verbindung angeboten werden, die es an vielen Standorten nur per WLAN gebe, sagte der stellvertretende HDE-Hauptgeschäftsführer Stephan Tromp. (APA, 16.09.2015)