Wien/Bregenz – Noch einmal spannend wird es für Bludenz und Hohenems: In der am Donnerstag startenden Herbstsession beraten die Verfassungsrichter über die Anfechtungen der Bürgermeisterwahl vom März. Außerdem beschäftigt sich der Verfassungsgerichtshof mit dem Doppelresidenzverbot für Scheidungskinder und der Obergrenze für den Verteidigerkostenersatz.

Die angefochtenen Vorarlberger Bürgermeister-Stichwahlen vom 29. März gingen beide knapp aus: In Bludenz wurde Mandi Katzenmayer (ÖVP) mit nur 27 Stimmen mehr als Mario Leiter (SPÖ) Bürgermeister, in Hohenems unterlag FPÖ-Landeschef Dieter Egger dem regierenden Bürgermeister Richard Amann (ÖVP) um nur 121 Stimmen. In Bludenz hat die SPÖ die Wahl mit dem Argument beeinsprucht, dass es Unregelmäßigkeiten bei der Zustellung der Wahlkarten gab. Ähnlich die FPÖ in Hohenems, die unter anderem anführt, dass Wahlkarten nicht nur an Familienmitglieder ohne Vollmacht ausgegeben worden seien. Ob die Entscheidung schon während der Session verkündet werden kann, ist noch offen.

Verbot von Doppelresidenzen

Dass die Eltern auch im Fall der gemeinsamen Obsorge sich darauf einigen müssen, in welchem Haushalt Scheidungskinder hauptsächlich betreut werden, erachtet das Landesgericht für Zivilrechtssachen für verfassungswidrig. Bei der Regelung der Gemeinsamen Obsorge im Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch hat die SPÖ – unter Hinweis auf Expertenmeinungen – auf ein solches Verbot der Doppelresidenz bestanden. Es gebe aber Fälle, in denen eine Doppelresidenz das Beste für das Kind wäre, argumentiert das Landesgericht in seinem Antrag. Das Verbot verstoße unter anderem gegen das Recht auf Privat- und Familienleben und die Kinderrechtskonvention. Der VfGH hält dazu eine öffentliche Verhandlung ab, am 23. September ab 10 Uhr.

Gleich zwei interessante Fälle dieser Session wurden mit der – seit Jahresanfang neuen – Gesetzesbeschwerde an den Gerichtshof herangetragen. So versucht eine der Untreue angeklagte und nach langem Verfahren freigesprochene Frau auf diesem Weg – weit – mehr Verteidigerkosten ersetzt zu bekommen als ihr vom Landesgericht zugesprochen wurden. Sie hatte 440.000 Euro beantragt, aber nur 5.000 Euro bekommen. Das Landesgericht verwies auf das in der Strafprozessordnung für Schöffenverfahren vorgegebene strikte Maximum von 5.000 Euro. Die Antragstellerin erachtet diese Obergrenze als verfassungswidrig, weil sie in das Grundrecht auf Eigentum eingreife. Auch in dieser Causa wird öffentlich verhandelt, am 29. Oktober ab 10 Uhr.

Recht auf Kommunikationsfreiheit

Ebenfalls eine Gesetzesbeschwerde eingebracht haben Betreiber eines Internetportals, auf dem allgemeine Informationen über Ärzte (Name, Praxisadresse, Ordinationszeiten) auch per Suche abgefragt werden können. Sie versuchen damit, das im Datenschutzgesetz enthaltene Löschungsrecht für Betroffene auszuhebeln. Denn ein Arzt wollte nicht in ihrem Portal aufscheinen, verlangte die Löschung – und diesem Widerspruch musste binnen acht Wochen Folge geleistet werden. Damit aber würden Onlineforen unmöglich gemacht, das verstoße gegen das Recht auf Kommunikationsfreiheit, argumentieren die Portalbetreiber. Zu dieser Frage wird ebenfalls öffentlich verhandelt, am 30. September ab 10 Uhr.

In der Herbstsession behandelt der VfGH überdies noch zwei Beschwerden gegen die Vorgehensweise im Hypo-U-Ausschuss – eine des früheren Kärntner Finanzreferenten Harald Dobernig (FPÖ/BZÖ/FPK) und eine der früheren Hypo-Aufsichtskommissärin Sabine Kanduth-Kristen. (APA, 16.9.2015)