Wegen weiblicher Kussmünder auf seinem Gesicht sieht sich der grüne Jungpolitiker Julian Schmid jetzt mit Sexismusvorwürfen konfrontiert.

Foto: Herbert Pfarrhofer

Wien – Irgendwie scheint die Sache dem Jugendsprecher der Grünen, Julian Schmid, doch "urpeinlich" zu sein. Er sei den ganzen Tag über in Gesprächen und habe keine Zeit für ein Telefonat, hieß es am Dienstag aus dem Grünen-Büro im Parlament. Erst spät am Nachmittag fand er erste Worte zu den Vorwürfen. Der grüne Jungabgeordnete wird nämlich, grob gesagt, des Sexismus bezichtigt, oder, anders gedeutet, könnte er sogar selbst Opfer von Sexismus sein. So ganz klar ist die etwas skurrile Sachlage noch nicht.

Schmid ließ sich auf einem Wahlplakat für die Grünen unter dem Slogan "Ich bin Öffi für alles" mit lauter roten Kussmündern, die sein Gesicht bedecken, ablichten. Die Neos hatten hinter der Inszenierung des Wahlplakats Sexismus geortet und Beschwerde eingelegt. Die Werbewatchgroup – sie wird von der Frauenabteilung der Stadt Wien koordiniert – gab den Neos nun recht. Das Plakat sei "sexistisch".

"Sexualisierung des Mannes"

Die Prüferinnen kamen zu dem Schluss, die Inszenierung des lächelnden Mannes mit dem Slogan 'Ich bin Öffi für alles' suggeriere, dass er "für sexuelle Abenteuer offen" sei. Dadurch finde "eine Sexualisierung des Mannes statt". Das Urteil weiter: "Parallel zur Abwertung und der damit verbundenen Objektisierung wird augenzwinkernd versucht, den Mann nach geschlechtsstereotypen Mustern aufzuwerten – der Mann wird als potent und polyamourös inszeniert", die Werbung spiele mit "heteronormativen Klischees", der Mann sei aber "nur offen in eine Richtung".

Es fehlten sozusagen die männlichen Kusslippen auf der Wange. Die Verwendung der Kussmünder wecke nämlich Assoziationen von weiblichen Lippenstiftabdrücken. Die Watchgroup: "Somit erfolgt ein Ausschluss von nichtheterosexuellen Beziehungen."

Schmid zeigt sich zumindest nach außen hin amüsiert: "Ich glaube, die Politik braucht auch ein bissl Spaß. Es ist uns gelungen, mit dem Plakat auf den öffentlichen Verkehr aufmerksam zu machen, das ist doch super, oder?" (Walter Müller, 15.9.2015)