Beschreibungen von Agatha Christie kommen selten ohne Superlative aus: Sie ist die meistverkaufte und -übersetzte Autorin aller Zeiten. Ihr seit 1952 im Londoner Westend am Spielplan stehendes Stück "Die Mausefalle" hält den Rekord für die längste ununterbrochene Laufzeit. Nur Shakespeare und die Bibel werden öfter aufgelegt als Werke der am 15. September vor 125 Jahren geborenen "Queen of Crime".

Ein Darsteller des Detektivs Hercule Poirot in Torquay, Devon, England, dem Geburtsort Agatha Christies. Die Kleinstadt liegt an der "Englischen Riviera" im Südwesten Englands und war bereits im 19. Jahrhundert als Erholungsort beliebt. Das Straßenbild ist geprägt von Palmen, das milder Klima sorgt für südliches Flair.
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Es sind vor allem die verschachtelten Plots, weshalb Christie-Fans die Bücher wieder und wieder lesen und die Krimis in jeder Generation neue Anhänger finden. Niemand ist bei Christie ganz unschuldig, jeder hat ein Geheimnis, und auf der Suche nach dem Mörder kommen alle ans Tageslicht. 66 Kriminalromane hat Christie nach diesem Rezept geschrieben – unter anderem "Mord im Orient-Express", "Tod auf dem Nil", "Mord im Spiegel", "Das Böse unter der Sonne", "Letztes Weekend" (später "Zehn kleine Negerlein" bzw. "Und dann gabs keines mehr")" und "16 Uhr 50 ab Paddington". Dabei schuf sie Figuren wie Hercule Poirot und Miss Marple.

In Torquay führt die Agatha Christie Mile Besucher an Orte, die an die Schriftstellerin erinnern oder die sie als Inspiration für ihre Bücher verwendet hat. Leider existiert ihr Geburtshaus im Stadtteil Ashford nicht mehr, eine blaue Gedenktafel markiert den ursprünglichen Standort.
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Ihre Heimatstadt Torquay, wo Agatha Mary Clarissa Miller 1890 zur Welt kam, feiert den 125. Geburtstag der Autorin mit einem neuntägigen Festival. Neben Lesungen, Diskussionen, Workshops und Aufführungen ihrer Stücke wird es auch eine Foto-Ausstellung mit bisher unbekannten Bildern von Christie aus dem Archiv der Familie geben.

Im Torquay Museum gibt es eine permanente Ausstellung zu Agatha Christie. Tafeln und Bilder informieren über das Leben der Autorin. Auch Original-Manuskripte und Notizen sowie Kleidungsstücke sind ausgestellt. Darüber hinaus wurden Möbel und Requisiten von den Dreharbeiten der ITV Studios zur Verfügung gestellt, so dass u.a. das fiktive Arbeits- und Wohnzimmer der Detektivfigur Poirot zu sehen ist.
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"Das Bild, das die Leute von Agatha Christie haben, ist das von einer älteren, Miss Marple-ähnlichen Frau", sagt Festival-Direktorin Anna Farthing: "Aber die Ausstellung und das Festival blicken auch aufAgatha Christie als jüngere Frau. Ich denke, ihre Lebensgeschichte kann sehr inspirierend sein."

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Agatha Christie im Jahr 1974.

Seit 2004 findet jährlich Mitte September das Agatha Christie Festival in Torquay statt. Einen Besuch wert ist auch das The Grand Hotel in Torquay, wo Agatha Christie mit ihrem ersten Ehemann ihre Flitterwochen verbrachte. Das Hotel hat noch heute eine Agatha Christie Suite.
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Tatsächlich erlebte Christie bewegte 85 Jahre: Sie heiratete, bekam eine Tochter, ließ sich scheiden, heiratete erneut, bereiste den Nahen Osten, Afrika und die Karibik. Dabei schrieb sie immer, neben Detektivgeschichten auch Theaterstücke, Liebesromane und Kurzgeschichten. Zeitweise arbeiteteChristie so viel, dass sie sich wie eine "Würstchenmaschine" vorkam. "Ein volles Leben", sagt Farthing – und eines, aus dem Christie, eine aufmerksame Beobachterin, auch Inspiration für ihre Arbeit zog. "Sie benutzt viele bekannte häusliche Beziehungen", sagt Farthing, "und zeitlose Charaktere."

Nur 30 Autominuten entfernt befindet sich Greenway. Das Anwesenliegt in Ufernähe zum Fluss Dart und die nächstgrößte Stadt Brixham ist nur ein paar Kilometer entfernt. In den 1950er Jahren verbrachte die Autorin zusammen mit ihrer Familie hier viel Zeit zur Entspannung. Im Haus gibt es viele Sammlerstücke der Familie Christie. Ein großer Garten mit exotischen Pflanzen samt eigenem Bootshaus umgibt das Anwesen. Greenway gehört zum National Trust und ist für Besucher von März bis Dezember geöffnet. Eintritt ca. 10 GBP.
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Während in den Büchern wenigstens ganz am Ende alles geklärt ist, bleibt ein Rätsel aus dem Leben der Schriftstellerin ungelöst: 1926 stand Christie im Mittelpunkt eines Mysteriums, das aus einem ihrer Bücher stammen könnte. Im Dezember jenes Jahres verschwand Christie nach einem Streit mit ihrem ersten Mann für elf Tage. Ihr Auto wurde verlassen aufgefunden, von Christie selbst keine Spur. Die öffentliche Aufmerksamkeit war groß, das Verschwinden der Autorin war Titelthema der "New York Times". Sogar prominente Kollegen wie Arthur Conan Doyle schalteten sich in die Suche ein.

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Es muss nicht immer der Orient Express sein: Die Darthmouth Eisenbahn verläuft entlang der Englischen Riviera. 1844 wurde Torquay an die Eisenbahnstrecke angebunden. In Agatha Christies Kriminalromanen "The ABC Murders" und "Dead Man's Folly" reist Hercule Poirot mit diesem Zug. Und auch Urlauber können die schöne Zugstrecke befahren. So gelangt man von Torquay mit der Darthmouth Eisenbahn bis nach Kingswear und kann zum Beispiel einen Zwischenstopp in Greenway einlegen.
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Gefunden wurde Christie allerdings nicht durch die groß angelegte Suchaktion, sondern zufällig von Mitarbeitern eines Hotels in Yorkshire, wo sie unter falschem Namen eingecheckt hatte. Ihren Mann, der sie abholte, erkannte sie nicht. Was genau geschah, konnte nie geklärt werden, Christie selbst sprach nicht über die Episode.

Am 12. Jänner 1976 starb Agatha Christie im Alter von 86 Jahren in Wallingford. Sie wurde in Cholsey in Oxfordshire beigesetzt.

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Neben den vielen Verfilmungen ihrer Bücher, widmete die BBC zu Agatha Christies Ehren gleich eine komplette Fernsehserie. Zwei Denkmäler – in Torquay in der Nähe des Hafens und in London am Leicester Square – erinnern heute an die berühmte Schriftstellerin. Auf dem Bild stehen Darsteller vor ihrem ehemaligen Wohnhaus in Cresswell Place in London.
Foto: Joel Ryan/Invision/AP

Fast vier Jahrzehnte nach ihrem Tod im Jahr 1976 ist das Interesse an Christie selbst und ihren Werken ungebrochen groß. Fans können sich freuen: In Hollywood arbeitet Produzent Ridley Scott an einer neuen Verfilmung von "Mord im Orient-Express". Regie führen wird Kenneth Branagh. (APA, red, 15.9.2015)