Beschreibungen von Agatha Christie kommen selten ohne Superlative aus: Sie ist die meistverkaufte und -übersetzte Autorin aller Zeiten. Ihr seit 1952 im Londoner Westend am Spielplan stehendes Stück "Die Mausefalle" hält den Rekord für die längste ununterbrochene Laufzeit. Nur Shakespeare und die Bibel werden öfter aufgelegt als Werke der am 15. September vor 125 Jahren geborenen "Queen of Crime".
Es sind vor allem die verschachtelten Plots, weshalb Christie-Fans die Bücher wieder und wieder lesen und die Krimis in jeder Generation neue Anhänger finden. Niemand ist bei Christie ganz unschuldig, jeder hat ein Geheimnis, und auf der Suche nach dem Mörder kommen alle ans Tageslicht. 66 Kriminalromane hat Christie nach diesem Rezept geschrieben – unter anderem "Mord im Orient-Express", "Tod auf dem Nil", "Mord im Spiegel", "Das Böse unter der Sonne", "Letztes Weekend" (später "Zehn kleine Negerlein" bzw. "Und dann gabs keines mehr")" und "16 Uhr 50 ab Paddington". Dabei schuf sie Figuren wie Hercule Poirot und Miss Marple.
Ihre Heimatstadt Torquay, wo Agatha Mary Clarissa Miller 1890 zur Welt kam, feiert den 125. Geburtstag der Autorin mit einem neuntägigen Festival. Neben Lesungen, Diskussionen, Workshops und Aufführungen ihrer Stücke wird es auch eine Foto-Ausstellung mit bisher unbekannten Bildern von Christie aus dem Archiv der Familie geben.
"Das Bild, das die Leute von Agatha Christie haben, ist das von einer älteren, Miss Marple-ähnlichen Frau", sagt Festival-Direktorin Anna Farthing: "Aber die Ausstellung und das Festival blicken auch aufAgatha Christie als jüngere Frau. Ich denke, ihre Lebensgeschichte kann sehr inspirierend sein."
Tatsächlich erlebte Christie bewegte 85 Jahre: Sie heiratete, bekam eine Tochter, ließ sich scheiden, heiratete erneut, bereiste den Nahen Osten, Afrika und die Karibik. Dabei schrieb sie immer, neben Detektivgeschichten auch Theaterstücke, Liebesromane und Kurzgeschichten. Zeitweise arbeiteteChristie so viel, dass sie sich wie eine "Würstchenmaschine" vorkam. "Ein volles Leben", sagt Farthing – und eines, aus dem Christie, eine aufmerksame Beobachterin, auch Inspiration für ihre Arbeit zog. "Sie benutzt viele bekannte häusliche Beziehungen", sagt Farthing, "und zeitlose Charaktere."
Während in den Büchern wenigstens ganz am Ende alles geklärt ist, bleibt ein Rätsel aus dem Leben der Schriftstellerin ungelöst: 1926 stand Christie im Mittelpunkt eines Mysteriums, das aus einem ihrer Bücher stammen könnte. Im Dezember jenes Jahres verschwand Christie nach einem Streit mit ihrem ersten Mann für elf Tage. Ihr Auto wurde verlassen aufgefunden, von Christie selbst keine Spur. Die öffentliche Aufmerksamkeit war groß, das Verschwinden der Autorin war Titelthema der "New York Times". Sogar prominente Kollegen wie Arthur Conan Doyle schalteten sich in die Suche ein.
Gefunden wurde Christie allerdings nicht durch die groß angelegte Suchaktion, sondern zufällig von Mitarbeitern eines Hotels in Yorkshire, wo sie unter falschem Namen eingecheckt hatte. Ihren Mann, der sie abholte, erkannte sie nicht. Was genau geschah, konnte nie geklärt werden, Christie selbst sprach nicht über die Episode.
Am 12. Jänner 1976 starb Agatha Christie im Alter von 86 Jahren in Wallingford. Sie wurde in Cholsey in Oxfordshire beigesetzt.
Fast vier Jahrzehnte nach ihrem Tod im Jahr 1976 ist das Interesse an Christie selbst und ihren Werken ungebrochen groß. Fans können sich freuen: In Hollywood arbeitet Produzent Ridley Scott an einer neuen Verfilmung von "Mord im Orient-Express". Regie führen wird Kenneth Branagh. (APA, red, 15.9.2015)