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US-Justizministerin Loretta Lynch erhöht den Druck auf die Fifa.

Foto: REUTERS/Ruben Sprich

Zürich/Wien – Die wesentliche Frage während der Pressekonferenz im bestens überwachten Zürcher Hotel Renaissance beliebte Loretta Lynch mit einem Scherz zu beantworten. "Ich kann Blatter keine Reise-Tipps geben", sagte die US-Justizministerin dem Journalisten, der zu wissen begehrt hatte, ob Präsident Joseph S. Blatter zu den Verdächtigen der laufenden Ermittlungen zähle und ob der 79-Jährige gar mit seiner Verhaftung zu rechnen habe. Lynch erntete Lacher für ihre Anspielung auf Blatters Verzicht, die sommerliche Frauenfußball-WM in Kanada zu besuchen.

Seit Ende Mai, seit der Festnahme von sieben Funktionären im Vorfeld des Fifa-Kongresses in Zürich, ist offenbar, dass sich die US-Justizbehörden mit Malversationen im Fußballweltverband beschäftigen. Sie ermitteln wegen Betrugs, Bestechung, Geldwäsche und Steuerhinterziehung in Zusammenhang mit Deals der amerikanischen Kontinentalverbände. Zwangsläufig interessiert da auch Blatters Rolle, der just in der Neuen Welt eine Machtbasis hält.

Die endlich ermittlungswilligen Schweizer Behörden gehen dem Verdacht auf Manipulationen bei der Vergabe der WM-Endrunde 2018 an Russland und 2022 an Katar nach. Wirklich Konkretes haben nach einem Vierteljahr aber weder jene, noch diese zu vermelden. Lynch (56), die Kraft ihres Amtes in Personalunion auch Generalbundesanwältin der USA ist, hat die Ausweitungen der Ermittlungen und weitere Anklagen angekündigt. Sie erwarte "eine nächste Runde von Festnahmen. Es kann sein, dass wir weitere Verdachtsmomente feststellen." Bisher gibt es 14 Beschuldigte wegen korrupter Machenschaften in 47 Fällen.

Namen wurden am Montag keine genannt. Schon gar nicht von Michael Lauber. "Ganz eindeutig sind wir nicht einmal nahe der Halbzeitpause", sagte der 49-Jährige. Es werde um einiges länger dauern als die "legendären 90 Minuten". Und es sei zu früh, um Namen von Personen zu veröffentlichen. Im Zuge der Untersuchungen seien Wohnungen und Häuser in den Schweizer Alpen durchsucht worden, sagte Lauber. 121 Bankkonten wurden bisher unter die Lupe genommen, Daten im Umfang von elf Terabyite gesichtet. Allerdings noch nicht ein am Freitag aufgetauchtes, für Blatter möglicherweise verfängliches Dokument.

Lauwarme Pistole

Das Schweizer Fernsehen SRF hatte berichtet, dass bezüglich einer direkten Verwicklung von Blatter in unlautere Machenschaften wenn nicht eine rauchende, so doch eine möglicherweise noch lauwarme Pistole aufgetaucht sein könnte. Das Dokument aus dem Jahr 2005 trage die Unterschriften Blatters und seines damaligen Fifa-Vizes Jack Warner. Bestätigt werde darin der Verkauf der TV-Rechte der WM-Endrunden 2010 in Südafrika und 2014 in Brasilien für den karibischen Raum an die Caribbean Football Union (CFU). Der damalige CFU-Präsident Warner bekam den Zuschlag für nur 600.000 Dollar. Der Weiterverkauf an den Kabel-TV-Anbieter Sports Max soll 18 bis 20 Millionen Dollar gebracht haben.

Noch weiter liegt die so genannte ISL-Korruptionsaffäre zurück, der sich die US-Justizbehörden jetzt ebenfalls widmen dürften. Es geht um Schmiergeldzahlungen des ehemaligen Fifa-Vermarkters International Sport and Leisure an Spitzenfunktionäre. Durch Prozesse vor Schweizer Gerichten flog auf, dass die 2001 bankrott gegangene ISL mehr als 110 Millionen Euro in Funktionärswohlwollen investiert hatte. Die Verfahren deckten auf, dass der ehemalige Fifa-Chef Joao Havelange rund 1,25 Millionen sowie sein damaliger Schwiegersohn Ricardo Teixeira fast das Zehnfache kassiert hatten. Havelange gab daraufhin 2013 seinen Titel als Ehrenpräsident des Weltverbandes ab und trat auch aus dem Internationalen Olympischen Komitee (IOC) aus, während Brasiliens ehemaliger Verbandschef Teixeira aus der Fifa-Exekutive zurücktrat.

Für Blatter als ehemaligem Generalsekretär der Fifa zur Zeit der Bestechungen, und Havelanges Nachfolger, war der Skandal ohne Folgen geblieben. Trotz seiner gerichtlich festgestellten Kenntnis von den Schmiergeldzahlungen. (sid, lü, 15.9.2015)