Statt mitzuhelfen, für Flüchtlinge aus dem arabischen Raum in Deutschland Ausbildungsplätze zu finanzieren, hat Saudi-Arabien angeboten, 200 Moscheen zu bauen, schreibt der FAZ-Redakteur Rainer Hermann, die libanesische Zeitung Al Diar zitierend. Aus Berlin verlautet, Deutschland habe höflich abgewunken.

Eine ähnliche Methode, den saudischen Wahhabismus in Europa zu verbreiten, wurde bereits in den 90er-Jahren in Bosnien praktiziert. Man begann, dutzende Moscheen neu zu bauen oder zu renovieren – mit Geld aus Riad. Mitte der 2000er-Jahre ist es um diese Versuche stiller geworden, weil sich die strenggläubige Variante des saudischen Islam nicht mit der vergleichsweise laxen Einstellung der Bosnier verträgt.

Auf Medienkritiken, die Saudis und die Scheichtümer der Golfstaaten weigerten sich, syrische Flüchtlinge aufzunehmen, antwortet Riad, es lebten ohnehin bereits mehr als eine Million Syrer im Königreich. Und die Emirate ergänzen, bei ihnen seien es mehr als 200.000. Das aber sind in ihrer Gesamtheit Arbeitsmigranten, keine Flüchtlinge. Dafür sind andere, unmittelbare Nachbarn Syriens extrem belastet. Mehr als 80 Prozent der 3,3 Millionen von den UN registrierten syrischen Flüchtlinge leben in den angrenzenden Staaten: 1,15 Millionen im Libanon, 1,1 Millionen in der Türkei, 620.000 in Jordanien, 230.000 im Irak.

Aber warum nehmen die Golfstaaten und Saudi-Arabien keine Kriegsflüchtlinge auf? Hauptargument des Regimes in Riad: Man müsse den Arbeitsmigranten (die nicht mehr zurückwollten) Beschäftigung bieten. Außerdem habe man allein 2014 zusammen mit den Emiraten eine halbe Milliarde Dollar zu UN-Programmen für Syrien und die Auffanglager beigetragen.

Tatsächlich vermutet man in diplomatischen Kreisen, die Ölstaaten hätten höllische Angst vor Terroristen des "Islamischen Staats", die über Flüchtlingskorridore eingeschleust werden könnten. Deshalb wählt man die rigorose Abschottung.

Tatsächlich gibt es einen zusätzlichen Grund. Die Flüchtlinge, vor allem gebildete Mittelschicht-Syrer und natürlich auch solche mit christlichen Bekenntnissen, wollen nicht nach Saudi-Arabien. Sie nehmen lieber die Strapazen Richtung Balkan und Westeuropa auf sich.

Inzwischen verschärft sich die Versorgungskrise in der Türkei, dem Libanon und Jordanien. Zwar wurden vom "Welternährungsprogramm" in den letzten Wochen 22 Millionen Dollar aufgetrieben. Um aber durchhalten zu können, fehlen 45 Millionen.

Die Grenzen der Belastbarkeit, von den Kriegsfolgen gezogen, ziehen sich von ganz oben in den Staatskanzleien bis nach unten in Gemeinden.

Da ist es wenig hilfreich, wenn ein so erfahrener und verdienstvoller Mann wie Karel Schwarzenberg in einem Zeitungsinterview den Einsatz von Bodentruppen in Syrien verlangt – nach dem Vorbild der Alliierten 1945 gegen Nazideutschland. Abgesehen von der völlig verschiedenen Konstellation: ob das zu einem Versiegen der Flüchtlingsströme führen würde? (Gerfried Sperl, 14.9.2015)