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"Deutschland und Österreich haben da einen Akt der Humanität gesetzt, der mit Dublin nicht kompatibel ist."

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STANDARD: Hat das Burgenland nun die vereinbarte Unterbringungsquote erfüllt, wie Sie es für Anfang September versprochen haben?

Darabos: Ja. Mit Montag wurden 132 neue Unterkünfte in Betrieb genommen. Wir haben zusätzlich noch 300 Plätze, die gerade in der Bewertung sind. Wir haben die Zusage der katholischen Kirche, noch einmal bestärkt durch den Bischof. Ist das alles fix, dann sind wir weit über der Quote. Das heißt aber nicht, dass damit schon genug getan ist. Es kann ja sein, dass es noch mehr Flüchtlinge gibt. Und dann geht die Quote wieder nach oben. Aber wir arbeiten wirklich hart daran, diese Quote, die in der Vergangenheit – das muss man ehrlich sagen – nicht erfüllt wurde, zu erfüllen.

STANDARD: In dieser Quote sind die Erstversorgungszentren in Nickelsdorf, Schattendorf und Heiligenkreuz, nun auch Wiesen, drinnen?

Darabos: Die sind nicht eingerechnet. Aber es gibt einen Abänderungsantrag der SPÖ im Parlament zur geplanten Verfassungsänderung zum Durchgriffsrecht, wonach diese Erstannahmestellen mitberechnet werden. Es ist aus unserer Sicht auch nicht ganz einzusehen, dass Traiskirchen zu 100 Prozent eingerechnet wird. Und die hier im Burgenland getätigte Arbeit nicht berücksichtigt wird.

STANDARD: Haben die Ereignisse des vergangenen und wohl auch kommenden Wochenendes das penible Schauen auf die Quote nicht sowieso obsolet gemacht?

Darabos: Grundsätzlich ja. Deutschland und Österreich haben da einen Akt der Humanität gesetzt, der mit Dublin nicht kompatibel ist. Aufgrund der Notlage halte ich es aber für richtig. Es geht um einen humanitären Zugang. Es sind ja Menschen, die über die Grenze gekommen sind. Man sollte das also nicht nur technokratisch diskutieren. Ich war am Wochenende an der Grenze und von der Situation tief betroffen. Die Hilfsbereitschaft der Menschen hat mich beeindruckt und stimmt mich vorsichtig positiv.

STANDARD: Die Diskussion um die Bundesländerquote, die zuletzt ja die Flüchtlingspolitik einigermaßen gelähmt hat, ist nun sekundär?

Darabos: Nein. Die Quotengeschichte ist zwar eine sehr technokratische, aber wir müssen uns damit auseinandersetzen. Die Menschen, die hier Asyl suchen, müssen eben auch die Versorgung bekommen, die ihnen zusteht.

STANDARD: Reden wir hier nicht über zwei verschiedene Dinge? Grundversorgung einerseits, andererseits Quartiere für Menschen, die gerade ankommen und denen man halt ein Dach über dem Kopf – und nicht Zelte oder gar dieses Flugdach in Nickelsdorf – bieten sollte. Müsste also nicht auch das Burgenland Großquartiere als eine Art Puffer ins Auge fassen?

Darabos: Landeshauptmann Niessl hat aus meiner Sicht zurecht eingefordert, dass es nicht unbemerkt bleiben darf, dass das Burgenland derzeit die Hauptlast zu tragen hat, was die Grenzübertritte von Asylwerbern betrifft. Ich tu mir schwer, das verbal auszudrücken, weil es hier ja um Menschenleben geht und nicht um die technokratischen Zugänge. Aber ich halte ich es für legitim, dass das Burgenland sagt, auch die Sammelzentren direkt an der Grenze sind ein hoher Aufwand. Am Wochenende sind Vierzehn-, Fünfzehntausend über die Grenze gekommen, manche Schätzungen sprechen von 25.000. Das ist ein hoher logistischer Aufwand für das offizielle Burgenland, aber auch für die NGOs, Rotes Kreuz, Caritas, Diakonie, Arbeiter-Samariterbund und all die freiwilligen Helfer. Diese Last hat, ohne jetzt mit dem Finger drauf zeigen zu wollen, zum Beispiel Vorarlberg, Tirol, Salzburg nicht zu tragen.

STANDARD: Das Burgenland wünscht sich mehr Hilfe bei der Erstversorgung?

Darabos: Grundsätzlich ja. Es vermischt sich ja die Diskussion. Priorität hat der humanitäre Ansatz. Aber natürlich geht es dann auch um Kosten und Ressourcen sowohl personeller, als auch finanzieller Natur. Auf Dauer würde es für uns jedenfalls relativ schwierig werden.(Wolfgang Weisgram, 11.9.2015)