Soziale Gründer
Die besten Start-ups gegen Armut
Ein Unternehmen gründen, um damit Gutes zu tun? "Ideen gegen Armut" sammelt Initiativen für Neugründungen im Sozialbereich und gibt finanzielle Starthilfe. DER STANDARD, das Non-Profit-Kompetenzzentrum an der Wirtschaftsuni Wien und Coca-Cola tragen das Projekt seit 2007
11. September 2015, 05:30
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Acht Finalistinnen im Rennen um den Sozialpreis "Ideen gegen Armut" 2015 haben jetzt ihre Projekte in Workshops verbessert, vertieft, ausgebaut. DER STANDARD ist Kommunikationspartner, die Non-Profit-Experten der WU und Contrast Management Consulting beraten inhaltlich. Coca-Cola stellt jährlich 80.000 Euro Anschubfinanzierung zur Verfügung. Hier sind die neuen Sozialunternehmer
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Bei "Ideen gegen Armut" gibt es nicht "nur" Geld (80.000 Euro von Coca-Cola), Experten stehen auch rundum zur Beratung und Weiterentwicklung des Businessplans zur Verfügung: Wie formuliere ich Botschaften? Wie präsentiere ich mich Investoren? Wie verliere ich mein soziales Anliegen nicht aus den Augen? Die Workshop-Gruppe in Klausur in Stegersbach – im Vordergrund Ex-Rapid-Tormann Helge Payer und Coca-Cola-Kommunikationschef Philipp Bodzenta.
Melanie Ruff: "Ruffboards"
Gemeinsam mit Ex-Häftlingen produzieren wir aus ausrangierten Snowboards qualitativ hochwertige Longboards – 100 Prozent fair hergestellt. In Österreich. Ruffboards bietet straffällig gewordenen Menschen während und nach dem Vollzug die Chance, einen produktiven Beitrag zu leisten und dadurch Selbstwertgefühl, Einkommen und auf dieser Basis Integrationsfähigkeit in ein geregeltes Leben wiederzuerlangen. Neben dem direkten Impact auf Involvierte verändert Ruffboards durch Bewusstseinsbildung – transportiert über das positiv besetzte Thema Boarding – auch den Zugang von Kunden und Unterstützern zu gesellschaftlicher Ausgrenzung und Armutsgefährdung.
ruffboards.com
David Zistl: "Flüchtlinge Willkommen in Österreich"
Warum können geflüchtete Menschen in Österreich nicht einfach in WGs wohnen statt in Massenunterkünften? Das haben wir uns auch gefragt und einen Weg gefunden, das möglich zu machen. Flüchtlinge Willkommen Österreich vermittelt Zimmer in Familien und in WGs an geflüchtete Menschen. Derzeit gibt es bereits 40 Vermittlungen in ganz Österreich.
fluechtlinge-willkommen.at
Perrine Schober: "Vienna Shades Tours" – Touren, geführt durch (ehemalige) Obdachlose
Das Format von Stadtführungen mit Obdachlosen ist bereits in zahlreichen Städten Europas (unter anderen Prag, Berlin, Amsterdam) erfolgreich etabliert und soll nun auch in Österreich implementiert werden.
(Ehemalige) Obdachlose stellen sich als Stadtexpertinnen und -experten vor und führen kleine Gruppen durch "ihr" Wien. An ausgewählten Plätzen erzählen sie von ihren Lebensgeschichten und informieren so über die Herausforderungen und Komplexität von Obdachlosigkeit. Vienna Shades Tours ermöglicht den Dialog zwischen unterschiedlichen sozialen Schichten, bietet Obdachlosen eine Einkommensmöglichkeit und fördert ihre sozialen Kompetenzen. Nach der Zusammenarbeit bei vielfältigen Tour-Modellen (Vorstellung sozialer Einrichtungen, Straßentheater, sozialpolitische Touren et cetera) soll der Wiedereinstieg – in Kooperation mit der lokalen Wirtschaft – in den Arbeitsmarkt ermöglicht werden.
Wolfgang Zechner: "Microsoccer"
In der Microsoccer-Academy werden beschäftigungslose Jugendliche ausgebildet, um im Anschluss als Microsoccer-Coaches selbst Geld zu verdienen. Das Grundausbildungsmodul ist praktisch gehalten und umfasst Themen wie Fair Play, Social Media sowie das richtige Verhalten bei Microsoccer-Events. Jeder Kurs wird von praxiserprobten Profis durchgeführt, die den Jugendlichen in weiterer Folge auch als Trainer für Vertiefungen zur Verfügung stehen.
Dadurch können die Jugendlichen direkt in verschiedene Berufsfelder hineinschnuppern und neue Arbeitswelten kennenlernen. Kick it for Social Action!
microsoccer.at
Tobias Judmaier: "Iss mich!"
"Essen statt wegwerfen!" ist unsere Devise. Deshalb verkocht Iss mich! frisches Gemüse zu delikaten Speisen, die wir unseren Kundinnen und Kunden im wiederbefüllbaren Glas servieren oder per Fahrradbote ins Büro liefern.
Für unsere Speisen verwenden wir vornehmlich aussortierte Lebensmittel, die wir über unser Partnernetzwerk beziehen. Iss mich! und tu Gutes für dich und die Umwelt.
issmich.at
David Hinderling: "Owizahra"
"Des san jo olles Owizahra, de Jugendlichen do!" – Stimmt, alles "Owizahra", diese Jugendlichen! Sie tragen alles hinunter, entrümpeln Wohnungen und Häuser und kümmern sich um fachgerechte Entsorgung und Wiederverwertung.
Jugendliche ohne Beschäftigung sammeln kurzfristige (erste) Arbeitserfahrungen und erhalten dafür ihren selbsterarbeiteten Lohn. Owizahra bietet die Möglichkeit, sich unkompliziert Geld zu verdienen, Verbindlichkeit, Verlässlichkeit und Durchhaltevermögen zu üben und dafür Anerkennung zu bekommen. Längerfristig wird versucht, die Jugendlichen in reguläre Beschäftigung zu vermitteln.
verein-isi.at/owizahra
Michael Natter und Christian Beiser (Bild): "Leistbar wohnen"
Das Angebot an leistbaren Wohnungen wird stetig knapper, während gleichzeitig viele Wohnungen leerstehen. Das Projekt zielt darauf ab, den Leerstand zu erschließen, indem Vorbehalten und Hindernissen, die einer Vermietung entgegenstehen, durch eine Soziale Wohnungsagentur ("Leistbar wohnen") begegnet wird.
Eigentümer, die bereit sind, ihre Wohnung über diese Plattform zu vermieten, akzeptieren einen 20-prozentigen Abschlag auf die marktübliche Wohnungsmiete, über die sich die Agentur finanziert. Als Gegenleistung erhalten sie eine Palette an Dienstleistungen und Garantien, die den Aufwand und die Risiken, die mit einer Vermietung verbunden sind, minimieren.
Privater Wohnraum wird für soziale Zwecke erschlossen, durch das erweiterte Angebot an leistbaren Start- und Anschlusswohnungen werden Integrationschancen für unterschiedliche Zielgruppen geschaffen: Familien mit geringen Einkommen, Wohnungslose, Asylberechtigte.
Aiko Langaditis: "Solidart"
Das Projekt bietet nachhaltiges, umweltbewusstes Möbeldesign und legt in der Produktion den Fokus auf Armutsbekämpfung. "Alte Meisterinnen und Meister" ihres Faches, die im hohen Alter den Job verloren haben, geben ihr Wissen im Sinne eines Generationendialogs an junge Lehrlinge weiter, die keine Chance auf dem ersten Arbeitsmarkt hatten. In Zusammenarbeit mit Desingerinnen und Designern entstehen so einzigartige Designmöbel aus Altholz und anderen Wertstoffen, die dem Abfall zum Opfer fielen. (kbau, 11.9.2015)