Neben Slow Tacos bietet Boxircus Pop-up-Boxen an. Gastronomen, Designer und Möbelhändler nutzen das Angebot.

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Pop-up-Geschäfte sind flexibler und nicht so kostenintensiv wie feste Locations.

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Egal ob Lagerhalle, Metallcontainer oder leer stehendes Geschäftslokal – es gibt kaum eine Fläche, die David Bock von "Pop it up" nicht zum Laden auf Zeit umfunktionieren kann. Der Unternehmer hat sich mit seinem Geschäftspartner auf die Umsetzung von Pop-up-Konzepten spezialisiert. Und damit trifft er wohl genau den Zahn der Zeit. Immer mehr Restaurants, Modelabels oder Kleinbetriebe eröffnen temporäre Geschäftslokale an den ungewöhnlichsten Orten.

Die Gründe dafür liegen auf der Hand. "Es ist möglich, für einen begrenzten Zeitraum auszuprobieren, ob das geplante Shop-Konzept aufgeht und wie die Kunden das Angebot annehmen. Bei vielen Unternehmen gibt es außerdem Zeiten mit Umsatzflauten. Ein Pop-up-Store bietet sich hier an, weil man den Laden nicht das ganze Jahr betreiben und vor allem nicht bezahlen muss", sagt Bock.

Doch nicht nur Quereinsteiger und Neo-Gastronomen finden Gefallen an dem Konzept, das es in vielen europäischen Städten bereits seit Jahren gibt. Auch Großunternehmen sehen hier einen neuen Geschäftszweig: Das deutsche Versandhaus Zalando, das vielen vor allem durch kreischende Frauen beim Öffnen von Modepaketen bekannt ist, betrieb für drei Tage einen Pop-up-Store im Weltmuseum am Wiener Heldenplatz. Für das Unternehmen ist das eine perfekte Werbeplattform.

Alter Hut

Ganz neu ist die Idee nicht. 1997 hat der Eventmanager Patrick Courrielche die Ritual Expo in Los Angeles ins Leben gerufen, wo er einen Tag lang Markenkleidung angeboten hat. Wenn man es genau nimmt, gibt es das Phänomen Pop-up auch in Österreich schon lange – in Form von Christbaumverkäufern in der Weihnachtszeit, Raketengeschäften vor Silvester oder Kostümläden zu Fasching. Jetzt ist das Ganze natürlich hipper und auch bei der Umsetzung wird man kreativer.

Vor allem für gastronomische Konzepte bieten sich Pop-up-Lokale an, hat man doch bei Restaurants meist sehr hohe Investitionskosten und weiß vorher nicht, wie das Konzept später ankommt. Das ganze Inventar dann wieder loszuwerden ist auch nicht einfach. Wir kennen sie alle, die Chinarestaurants, die in ehemaligen Gasthäusern eröffnet haben, oder die Pizzerien, die vorher Griechen waren.

Pop-up am Donaukanal

Doch was sich so einfach anhört, erfordert zumindest ein gewisses Know-how, weiß Küchenchef Peter Zinter: "Es gibt viele Quereinsteiger, die mit Gastronomie nichts zu tun haben. Die geringen Investitionskosten machen es einfach. Ein bisschen Ahnung muss man schon haben, um ein erfolgreiches Pop-up-Konzept auf die Beine zu stellen. Man muss wissen, wie man schnell so viele Leute wie möglich mit gutem Essen versorgt." Er weiß es offenbar, setzt er doch gemeinsam mit Brian Patton und der "The Culinary Love Band" gastronomische Pop-up-Konzepte um, die ankommen.

Nach "Big Smoke" haben die Unternehmer diesen Sommer das Pop-up-Restaurant "Slow Tacos" am Wiener Donaukanal eröffnet. Wehmütig, dass es bald wieder schließt, sind sie nicht – schließlich arbeitet man bereits am Konzept für nächstes Jahr. Die Profis wissen natürlich genau, worauf sie achten müssen. Ein Pop-up-Lokal in einer Bretterbude funktioniert anders als ein normales Restaurant. "Man hat weniger Platz in der Küche, und auch die Hygienestandards sind ein Thema. Holzwände müssen beispielsweise verkleidet werden. Wir versuchen, mit wenigen Ressourcen das bestmögliche Ergebnis zu erzielen", sagt Zinter, der aus der Spitzengastronomie kommt. Dass das Team Spaß hat, bei dem, was es tut, merkt man sofort.

Tonstube Beach am Donaukanal.
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Spitzengastronomie

Der gebürtige Ire Shane Mulhall beschäftigt sich schon länger mit dem Phänomen Pop-up in Wien und hat eine Forschungsarbeit dazu verfasst. Die Vorteile überwiegen für ihn. "Man bekommt sofort Medienaufmerksamkeit, weil man natürlich immer was Neues zu erzählen hat. Gäste finden es spannend, neue Dinge auszuprobieren. Außerdem kann man ohne viel Aufwand neue Konzepte testen und sieht sofort, ob sie ankommen. Wenn das Pop-up-Lokal erfolgreich ist, kann man auch ein langfristiges Geschäft an einem festen Standort daraus machen. Außerdem ist es super, Lokale in Locations zu eröffnen, an die man langfristig oft gar nicht rankommen würde", erzählt Mulhall, der das Marketing von "The Culinary Love Band" leitet.

Vielleicht ist auch das der Grund, warum immer mehr Spitzenrestaurants Pop-up-Lokale eröffnen. Das dänische Sternerestaurant Noma beispielsweise wird ab Jänner 2016 für zehn Wochen in Sydney seine Zelte aufschlagen. Und Spitzenkoch Harald Irka aus der Saziani Stub'n will im Winter in Wien statt in der Steiermark kochen.

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René Redzepi im "Noma at Mandarin Oriental Tokyo". Im Februar war das Noma von Kopenhagen für vier Wochen nach Japan übersiedelt.
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Leere Geschäftslokal aufspüren

An eine geeignete Location zu kommen, ist oft gar nicht so einfach. Schließlich wäre es lediglich für den Makler ein gutes Geschäft, für jeden Pop-up-Laden eine Provision zu kassieren. Genau deshalb arbeitet Bock ohne Immobilienmakler. "Am Anfang sind wir mit dem Fahrrad die Hotspots von Wien abgefahren, um nach leeren Geschäftslokalen Ausschau zu halten. Auch Eisgeschäfte sind interessant für uns. Da sie im Winter meist ohnehin geschlossen haben, kann man sie perfekt nutzen und es ist eine Win-win-Situation", sagt Bock, der ein Vorreiter in der Konzeptionierung von Pop-up-Stores in Österreich ist und erklärt sein Geschäftsmodell: "Wir suchen für unsere Kunden eine geeignete Location, übernehmen das Marketing und die PR. Auch die Warenwirtschaft läuft über uns sowie Verträge mit Eigentümern und die Personalverwaltung. Wir sind kein reiner Location-Vermittler".

Mit seinem Angebot spricht Bock vor allem große Unternehmen an. Für kleine Geschäfte gibt es aber ausreichend Angebote und Anbieter von Freiflächen für Pop-up-Locations. Man kann sich also nicht sicher sein, wo demnächst wieder ein neuer Laden aufpoppt. (Alex Stranig, Rondo, 15.9.2015)