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Im Puppentheater erklären Kasperl und Pezi, dass Menschenrechte für alle gelten.

Foto: APA/Müller

Wien – Der Kasperl hat’s auch nicht leicht. Eigentlich will er nur seine Großmutti besuchen. Aber erst muss er durch den unheimlichen Finsterwald, dann kommt er auch noch in Konflikt mit dem dubiosen Wächter Heimlich, der nichts weniger ist als der Erfüllungsgehilfe des üblen Zauberers Unerbittlich. Der verbietet dem Kasperl sein Lieblingslied und jeglichen Widerspruch. Der Kasperl muckt auf und landet im Gefängnis – wo übrigens auch sein Freund Pezi und ein nicht näher definierter Kollege mit blauem Fell schmachten. Zum Glück gibt es die gute Fee Amnestia, die alle befreit und den Zauberer bekehrt, dass man so nicht mit Menschen umspringen darf und Vielfalt super ist. Schluss, Verbeugung, tosender Applaus des Publikums.

Das Kasperltheater, das gerade etwa 20 Kleinkinder im Betriebskindergarten des Innenministeriums (BMI) gebannt verfolgt haben, hat einen höheren moralischen Zweck: Den Kleinen sollen auf diese Weise spielerisch die Menschenrechte nähergebracht werden. Sie sei "stolz, ein solches Pilotprojekt zu starten", meint Johanna Eteme, die Leiterin der Abteilung "Grund- und Menschenrechte" im Ministerium. Die Initiative ging vom Innenressort aus, unterstützt wird sie vom Kindergartenbetreiber "Kinder in Wien" (Kiwi), wo man sich vorstellen kann, "dass wir das auch auf die anderen Kiwi-Kindergärten ausweiten", sagt Kiwi-Chefin Monika Riha. Bei Kiwi sieht man dieses Pilotprojekt als Erweiterung des "Faustlos"-Schwerpunkts, wo Kleinkinder lernen sollen, ihre Konflikte ohne Gewalt auszutragen – und als einen Beitrag zur Lösung der aktuellen Flüchtlingskrise.

Die Handlung des Stücks und die falschen Werte des bösen Zauberers werden in der Folge mit den Kindern bearbeitet. Abteilungsleiterin Eteme bespricht mit den Kindern in den darauffolgenden Tagen die Moral der Geschichte. Gemeinsam werden die Themenbereiche Anderssein, Vorurteile, Gleichberechtigung und Toleranz in Bildern festgehalten. Die Werke der Kindergartenkinder sollen versteigert werden, der Erlös kommt einer NGO zugute, die sich um unbegleitete minderjährige Flüchtlinge kümmert.

Das Theaterstück wurde von der unabhängigen Menschenrechtsexpertin Gudrun Rabussay-Schwald gestaltet und gespielt, es ist keine Premiere, sondern wurde schon öfter aufgeführt, etwa im Rahmen von Amnesty-International-Veranstaltungen. Neu ist dagegen der Austragungsort Kindergarten.

Besonders wichtig: Kasperl, Großmutti, die gute Fee, aber auch der böse Zauberer und der Wächter kommen nach Vorstellungsende vor den Vorhang. Die Handpuppen treten mit den Kindern in Interaktion, schütteln die Hände oder geben sogar Bussi.

Auch der böse Zauberer, der eigentlich nur geliebt werden will, bietet sich zum Streicheln an und verspricht, künftig netter zu sein. Nicht alle im Betriebskindergarten des Innenministeriums scheinen ihm die plötzliche Wandlung abzunehmen. "Sperrt ihn ein!", fordert ein Bub. Am Ende gelingt es dem Kasperl dann doch, dengestrengen jungen Mann umzustimmen (stu., 9.9.2015)