Wien – Eines der schönsten Alben von Yo La Tengo ist ein für die US-Band untypisches: Keinerlei mahlende E-Gitarrenströme und Feedback-Wucherungen, sondern ausschließlich folkige Akustikgitarren, Standbass, Beserlschlagzeug und luftige, Country-infizierte Gitarrenlicks prägten das 1990er-Album Fakebook. Nebst einer Handvoll neuer Songs servierten das Ehepaar Ira Kaplan und Georgia Hubley und seine Begleiter ein Dutzend herzerwärmender Cover-Versionen.

25 Jahre später haben die Indie-Lieblinge jetzt das Fakebook-Konzept für ihr jüngstes Album Stuff Like That There (Matador) wiederbelebt. "Es wäre uns seltsam erschienen, dieses Jubiläum nicht wahrzunehmen", so Langzeit-Bassist James McNew im Gespräch. Nicht weniger befremdlich sei es aber gewesen, genau im Vorhinein zu wissen, wie das Album klingen würde: "Das Gegenteil unserer normalen Arbeitsweise."

Ex-Band-Mitglied Dave Schramm, Bassist James McNew und das singende Ehepaar Georgia Hubley und Ira Kaplan (v.l.n.r.) beleben auf Stuff LIke That There die stille Größe ihres Albums Fakebook wieder.
Cover: Matador

Dass Feedback-Entzug den Songs von Yo La Tengo nichts anhaben kann, belegen zwei neue eigene Songs und Remakes bereits zuvor veröffentlichter Stücke wie All Your Secrets oder The Ballad of Red Buckets.

"Stuff Like That There ist sehr klar und reduziert im Unterschied zu Alben, auf denen wir Sounds und Texturen verwischen. Aber auch innerhalb dieses Rahmens gibt es dynamische Wechsel und Veränderungen der Atmosphäre und der Intensitäten", so McNew, der erklärt, dass sich dieser Zugang aus den Konzerten ergeben habe. "Seit ich bei der Band Bass spiele, haben wir sehr laut und sehr leise gespielt, üblicherweise in ein und derselben Show. So gut wie jeder unserer Songs existiert für uns in einer unterschiedlichen Version. Ein Song, der normalerweise laut ist, hat auch eine leise Fassung und umgekehrt." Nichts sei je vollendet.

Die Auswahl der das Album dominierenden Coverversionen kündet erneut von den vielfältigen Einflüssen der Band: Die Vorliebe für Sixties-Pop kommt mit dem Opener My Heart's Not In It oder dem Parliaments-Cover I Can Feel The Ice Melting zum Zug, einer Akustikbehandlung wird aber auch Friday I'm in Love, der 90er-Jahre-Hit von The Cure, unterzogen. Mehr als sonst steht der betörende Gesang von Schlagzeugerin Georgia Hubley im Fokus, der noch nie melancholischer geklungen hat als bei Hank Williams' Country-Klassiker I'm So Lonesome I Could Cry.

Apocalypse Now: Für ihre Coverversion des The-Cure-Hits Friday I'm in Love haben Yo La Tengo in Los Angeles ein Endzeit-Video gedreht.
Matador Records

Gecovert werden auf Stuff Like That There auch befreundete Bands wie die ebenfalls in Hoboken, New Jersey, beheimatete Dream-Pop-Band Special Pillow. McNew: "Ich war der erste Gitarrist dieser Band." Schon die Originalversion des gecoverten Songs Automatic Doom mit ihrem verträumten Akustik-Sound würde sich bruchlos in das neue Yo-La-Tengo-Album fügen.

Der Song Naples stammt von einer anderen befreundeten Band: "Antietum und Yo La Tengo haben vor beinahe 31 Jahren ihr erstes öffentliches Konzert zusammen in New York gespielt."

Das Jubiläumsalbum bot der Band zudem die Gelegenheit, einen Weggefährten erneut ins Studio und für die kommende Tour auch wieder auf die Bühne zu holen: "Dave Schramm beherrscht die unterschiedlichsten Stile und klingt dennoch immer wie er selbst", beschreibt McNew den Gitarristen, der Fakebook einst mit herb-süßen Gitarrenlicks garnierte, um dann mit seiner Formation The Schramms eigene Wege zu beschreiten.

McNew selbst spielte für die Wiederbelebung des Fakebook-Konzepts erstmals einen Kontrabass im Studio. Auf der Bühne steht die Premiere noch aus. Der Yo-La-Tengo-Musiker: "Ich muss noch viel üben." (Karl Gedlicka, 8.9.2015)