Jetsetsommerfreuden für Arme: Während Bardot von den aus Sand und Wasser gemischten Strandgeschichten trällert, lässt Hans Pollhammer in der Box ein Papierschiffchen auf dem Meer segeln.

Foto: Pollhammer, Galerie im Traklhaus

Salzburg – Die Verbindungslinien zwischen Kunst und Musik sind evident – vor allem seit dem Futurismus zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Carlo Carrà publizierte 1912 eine Schrift mit dem Titel Die Malerei der Töne, Geräusche und Gerüche, der Maler Luigi Russolo proklamierte ein Jahr später in Die Kunst der Geräusche den Lärm als Musik. Futuristische Werke sind allerdings in der Schau Lärm – Ton, Klang, Musik und bildende Kunst in der Salzburger Galerie im Traklhaus nicht zu sehen. Gezeigt werden neue und ältere Arbeiten 19 heimischer Künstler und Künstlergruppen, die sich dem Thema auf sehr unterschiedliche Weise nähern.

Im Innenhof hat der Salzburger Martin Lerch eine Installation aus etwa 300 Lautsprechern, Audio- und Bildwiedergabegeräten aller Epochen und Größen übereinandergeschlichtet. Der Titel Turm zu Babel deutet es an: Sprachverwirrung und menschliche Kommunikationsprobleme sind sein Thema. Dazu passt auch, dass der Turm der Kommunikationsmissverständnisse stumm bleibt, sich seine Klangdimension nicht erschließt.

Generell weckt der Ausstellungstitel falsche Hoffnungen: Lärm? Weit gefehlt, kein Dröhnen, Fiepen oder Rauschen testet die Ohren der Besucher und deren physiologische wie psychische Toleranzschwellen. Der Sound-Art sind nur einige Arbeiten der Schau verpflichtet, etwa Chris Jankas Installation sparklyfier.

Janka, wie Albert Oehlen, Mike Kelley, Captain Beefheart oder Mayo Thompson selbst in den beiden Sparten Musik und bildende Kunst zu Hause, erzeugt mittels Trafo bei einem Gitarrenverstärker einen Funken und Ton. Ein sinniger Aufbau, der mannigfache Assoziationen zur elektrischen Rockmusik und deren High-Voltage-Metaphern schafft. Zudem lässt der Ort der Installation, ein kleines Kammerl und Ex-WC, Reminiszenzen an die Shitholes der Rockgeschichte aufkommen.

Prekäre Sound-Art

Ebenfalls dem Genre Klangkunst kann man Bernhard Leitners Ton-Schirm zurechnen: Wer sich darunterstellt, wird mit leisen Tönen aus acht Minilautsprechern berieselt. Hans Pollhammer hat mit seinem tönenden Koffer III ein ironisch-witziges Sound-and-Vision-Objekt geschaffen, in dem Brigitte Bardots Chanson Une histoire de plage (1964) zu hören und ein Papierschiffchen auf dem Meer zu sehen ist: Jetsetsommerfreuden für Arme und prekäre Sound-Art zugleich. Barbara Musils Video mit Auftritten berühmter Tenöre ist so geschnitten, dass die verbliebenen Töne Hänschen klein ergeben.

Anklänge an die Arbeiten des Schweizer Soundcollagisten und Turntable-Künstlers Christian Marclay finden sich bei Christian Konrad Schröder, der extra für die Schau eine Schallplatte produziert hat. Franz Graf ist mit zwei Vinylplatten und einer CD vertreten – Letztere enthält passenderweise Trakl- und Handke-Texte, vorgetragen von Marie Colbin.

Schwindel erregt Franz Kapfers Video Türkenstechen: Das abgefilmte Deckenfresko aus der Felsenreitschule wird an den Plafond des Schauraums projiziert. Und weil es dort rotiert, aber auch wegen des Themas, löst sein Anblick trotz des Soundtracks in Form von Mozarts Rondo alla turca körperliches Unwohlsein aus. Hier ist die Präsentation ganz nah an der gesellschaftlichen Realität.

Die meisten der gezeigten Exponate stammen von Gerhard Rühm, der schon immer Grenzgänger zwischen den Disziplinen war. Werkzyklen wie "Klangkörper" sind (oft erotische) Collagen auf Notenpapier, seine "musikalischen Stimmungsbilder" wirken aber nur in der Vorstellungskraft. Dabei betätigt sich Rühm – genau wie der mit vier Bildern vertretene Christian Ludwig Attersee – auch als Chansonnier und Audiokünstler. Gern hätte man von diesen beiden Altmeistern auch etwas gehört. (Gerhard Dorfi, 27.8.2015)