Im griechischen Parlament hat die Regierung unter Alexis Tsipras die Mehrheit verloren.

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Athen – Griechenlands Premier Alexis Tsipras schickt sich an, zum zweiten Mal in diesem Jahr vorgezogene Parlamentswahlen herbeizuführen. Mit den ersten im Jänner gelang dem linksgerichteten Parteienbündnis Syriza, das er führt, auch erstmals der Sprung an die Regierungsmacht. Die zweiten Neuwahlen sind für 20. September geplant – nach der Einigung über ein Kreditabkommen und noch bevor die Griechen die neue Runde von Sparmaßnahmen wirklich spüren. Tsipras wird mit einem Rücktritt den Weg dafür freimachen, wie er in einer TV-Ansprache am Donnerstagabend verkündete. Das griechische Volk müsse entscheiden, ob es das Vorgehen seiner Regierung bei den Verhandlungen mit den Gläubigern gutheiße, erklärte Tsipras. Er werde sich erneut zur Wahl stellen.

Das Mandat, das er mit seinem Wahlsieg am 25. Jänner erhalten habe, habe seine Grenzen erreicht – die Menschen müssten nun aufs Neue entscheiden, sagte Tsipras am Donnerstagabend. Formell wird zwar vorerst der Chef der größten Oppositionspartei Nea Dimokratia (ND), Evangelos Meimarakis, mit einem Mandat zur Regierungsbildung betraut. Die Mehrheitsverhältnisse im Parlament lassen Meimarakis aber kaum Chancen eine Koalition aufzustellen, weshalb allenthalben von Neuwahlen ausgegangen wird.

Mit dem Schritt könnte Tsipras die Machtfrage in seiner Partei klären, deren radikaler linker Flügel ihm bei Abstimmungen über das dritte Rettungspaket und den Sparkurs die Gefolgschaft verweigert hatte.

Überweisung an EZB

Fristgerecht überwies Athen am Donnerstag 3,2 Milliarden Euro Schulden und 200 Millionen Euro an Zinsen an die Europäische Zentralbank, nachdem die Gläubigerländer der Eurozone zuvor einen neuen Milliardenkredit für Griechenland bewilligt hatten. Einen Teil der ersten Tranche von 23 Mrd. überwies der Eurorettungsschirm am selben Tag.

Wie bei den Hilfskrediten im Jahr 2010 und 2012 dient auch die neue Schuldenaufnahme in erster Linie nur der Rückzahlung alter Schulden sowie der Rekapitalisierung der griechischen Banken. Im Gegenzug verpflichtete sich die Links-rechts-Koalition unter anderem zu weiteren Steuererhöhungen, Pensionskürzungen, zur Senkung von Lebensmittelstandards etwa bei der Brot- und Milchproduktion und zu Privatisierungen.

So hat die griechische Regierung diese Woche, wie von Gläubigern gewünscht, einen Großteil der Regionalflughäfen ans deutsche Staatsunternehmen Fraport übergeben. Die Vereinbarung soll für 40 Jahre gelten; Athen erhält dafür 1,23 Mrd. Euro. Der Regierungsbeschluss, der am Dienstag veröffentlicht wurde, gilt in Frankfurt nur als Wiederaufnahme von Verhandlungen, die von der Syriza-Regierung im Februar eingefroren wurden. Am Privatisierungsvorhaben ist auch die griechische Copelouzos-Gruppe beteiligt.

Umfragen bescheinigen Tsipras trotz der spektakulären Kehrtwenden weiter Popularität. Syriza konnte bisher mit rund 30 Prozent der Stimmen oder mehr rechnen. Wie sich eine Spaltung der Partei auf die Wähler auswirken würde, ist noch nicht klar. Die pro-europäischen Oppositionsparteien sind aber derzeit schwach. So wird die konserverative Nea Dimokratia nur von einem Übergangsvorsitzenden geführt. (Markus Bernath, 20.8.2015)