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Rund 20 Jahre nachdem Lara Croft 1996 mit "Tomb Raider" das erste Mal über die Bildschirme geflackert ist, scheint die Spielebranche nun an einem Punkt angekommen zu sein, an dem es immer wichtiger wird, starke, weibliche und vor allem spielbare Protagonisten zu entwickeln. Dies zeigte sich auch auf der vergangenen Spielemesse E3.

Laut einer Analyse von Gameinformer lag der Anteil der spielbaren Frauen, der neu vorgestellten Spiele, bei etwas mehr als der Hälfte. Zum Vergleich: gegenüber dem Jahr 2012 ist das eine Steigerung von rund 24 Prozent. Beispielsweise gibt es bei 5 von 6 vorgestellten Titeln von Bethesda, darunter "Fallout 4", die Möglichkeit weibliche Avatare zu steuern. Die größte Entwicklung konnte aber EA verzeichnen. Gab es 2012 lediglich einen Titel mit einer spielbaren Frau, wurden bei der vergangenen E3 sieben Games vorgestellt, die diese Möglichkeit beinhalten. Darunter das Action-Adventure "Mirror’s Edge Catalyst", bei dem Spieler die Protagonistin Faith steuern.

Entwickler würden zudem vermehrt darauf setzen, ihre Heldinnen bei den großen Präsentationen vorzustellen. Beispielsweise gab Bethesda dem weiblichen Charakter Emily Kaldwin für "Dishonored 2" den Vorzug gegenüber dem männlichen Protagonisten Corvo. Und auch auf Sonys Pressekonferenz wurde ein Trailer für "Assassin's Creed: Syndicate" gezeigt, der sich um die spielbare Figur Evie Frye dreht.

Für die Statistik wurden alle Spiele der E3-Pressekonferenzen herangezogen, die in den vergangenen vier Jahren vorgestellt worden sind. Zu den spielbaren Charakteren wurden jene gezählt, die entweder als Hauptfigur zu steuern oder in bestimmen Sequenzen spielbar sind. Berücksichtigt wurden auch Titel bei denen die Wahl des Geschlechts bei Spielern liegt. Eine vollständige Auflistung solcher Titel findet sich auf NYM Gamer.

Frauen als Zielgruppe

Gameinformer nennt im Beitrag auch mögliche Gründe für diese Branchenentwicklung. Demnach sei ein demographischer Wandel zu verzeichnen, nachdem immer mehr Frauen große Franchise-Spieltitel konsumieren würden.

In der Washingtonpost wurden die Ergebnisse einer amerikanischen Studie publiziert, die diesen Wandel demonstrieren. Von allen Spielergruppen sind Frauen zwischen 21 und 35 Jahren demnach die zweitgrößte (15 Prozent), hinter den gleichaltrigen Männern (18 Prozent). Zudem sind 28 Prozent der Gamer der Ego-Shooter-Reihe "Call of Duty" weiblich. Lange galt das Genre als typische Männerdomäne. Auch MMOs wie "World of Warcraft" finden bei Frauen zunehmend Anklang.

Von 2011 bis 2014 ist die Zahl von Spielerinnen, die auf einer Playstation oder Xbox zocken, um 70 Prozent auf über 30 Millionen gestiegen (in Amerika). Da diese Zielgruppe gegenüber der männlichen ein stärkeres Wachstum verzeichnet, setzen immer mehr Entwickler darauf Spielinhalte zu kreieren, an welchen vor allem auch Frauen Gefallen finden. Dazu gehören auch Heldinnen mit Identifikationspotenzial.

Mehr weibliche Entwicklerinnen

Nicht zuletzt sei auch ein verändertes Geschlechterverhältnis in der Videospiel-Entwicklung verantwortlicih für das Aufkommen von mehr spielbaren Protagonistinnen. Laut einer Studie von Igda (International Game Developers Association) waren 2014 rund ein Viertel der Spielemacher weiblich. Gegenüber 2009 hätte sich die Zahl damit verdoppelt.

Dmitri Williams Hypothese lautet, dass Entwickler Charaktere designen, die ihnen selbst entsprechen. "Es gibt kein anderes Motiv. Sie sind keine guten oder schlechten Menschen. Wie die meisten kreieren sie Inhalte, die ihnen ähnlich sind", so der USC-Professor (University of Southern California). Mehr Frauen in der Branche würden demnach zu mehr weiblichen Heldinnen in Games führen. (lmp, 22.8.2015)