Nach der Zustimmung des Deutschen Bundestags ist der Weg für das neue Griechenland-Programm frei. Ein Erfolg des dritten Bail-outs ist aber alles andere als sicher: Das Memorandum, das die Gläubiger mit Athen ausgehandelt haben, enthält viele Stolpersteine. Eine Übersicht über die wichtigsten ungeklärten Probleme:

  • Schuldenschnitt/IWF: Der Internationale Währungsfonds will sich an dem neuen Programm nur beteiligen, wenn die Europäer einen Schuldenschnitt oder andere substanzielle Erleichterungen gewähren. Denn ohne Abstriche wird die Schuldenlast schon bald auf über 200 Prozent des BIP steigen – 120 Prozent gelten als gerade noch tragbar. Das Problem: Deutschland und andere Gläubiger lehnen einen Schuldenschnitt ab; Berlin möchte nur minimale Erleichterungen gewähren. Die Entscheidung dürfte im Oktober fallen, im Extremfall könnte der IWF dann aussteigen und damit das gesamte Programm gefährden.
  • Privatisierung: Griechenland muss einen Treuhandfonds einrichten, der die Privatisierung vorantreiben und Erlöse von bis zu 50 Milliarden Euro erwirtschaften soll. Doch bisher steht der neue Fonds noch nicht; mit seiner Einrichtung wird erst zum Jahresende gerechnet. Zudem ist die Summe sehr ehrgeizig; Kritiker halten sie für unrealistisch.
  • Finanzierung: Für das neue Hilfsprogramm sind Kredite von bis zu 86 Milliarden Euro vorgesehen. Diese Summe könnte jedoch noch steigen, wenn sich der IWF nicht an dem Programm beteiligt (siehe oben, Anm.). Zudem rechnen die Gläubiger mit üppigen Privatisierungserlösen, die noch längst nicht gesichert sind (siehe oben). Möglicherweise tun sich noch weitere Finanzierungslücken auf; laut Süddeutscher Zeitung sollen sie sich auf 6,2 Milliarden Euro belaufen. Dies wurde in Brüssel zwar dementiert. Fest steht, dass die beiden ersten Bail-outs nicht ausgereicht haben.
  • Rekapitalisierung der Banken: Nach der wochenlangen Schließung müssen die griechischen Banken dringend rekapitalisiert werden. Dazu sind bis zu 25 Milliarden Euro aus dem neuen Hilfsprogramm vorgesehen – also fast ein Drittel der Hilfe. Ob diese gewaltige Summe ausreicht, ist jedoch offen. In Brüssel wird bereits über ein "Bail-in", also eine Beteiligung der Anteilseigner, diskutiert. Auch die Modalitäten sind umstritten. Wenn die Banken nicht wieder auf die Beine kommen, wird sich auch die griechische Wirtschaft nicht erholen.
  • Regierungskrise Griechenland: Bei der Abstimmung über das neue Hilfsprogramm hat Premier Alexis Tsipras seine Mehrheit verloren. Tsipras stützt sich jetzt vor allem auf die Opposition, die ihn allerdings bei nächster Gelegenheit stürzen möchte. Deshalb wurde eine zunächst geplante Vertrauensabstimmung aufgeschoben. Bei Neuwahlen, die nun im Gespräch sind, könnte Tsipras zwar eine neue Mehrheit gewinnen. Doch sie dürften die Reformen verzögern und neue Unsicherheiten bringen.
  • Rückkehr an den Kapitalmarkt: Das neue Hilfsprogramm zielt genau wie seine Vorgänger auf eine Rückkehr Griechenlands an die Märkte ab, also auf eine eigenständige Refinanzierung seiner Schulden. Dass dies in drei Jahren möglich sein wird, möchte aber nicht einmal die Troika garantieren. Experten wie der Chef des Brüsseler Thinktanks Ceps, Daniel Gros, rechnen damit, dass es noch zehn Jahre dauern könnte, bis Griechenland wieder auf eigenen Füßen steht. (Eric Bonse aus Brüssel, 19.8.2015)