Das Minigehirn aus der Petrischale soll nach Angaben der Wissenschafter rund um Rene Anand fast alle Zelltypen und 99 Prozent aller Gene des menschlichen Gehirns enthalten.

Foto: Ohio State University

Das Bild zeigt das von den Forschern am Institut für Molekulare Biotechnologie (IMBA) in Wien 2013 gezüchtete zerebrale Organoid. Auch das von Madeline Lancaster und IMBA-Vizedirektor Jürgen Knoblich erschaffene Minigehirn verfügte über Netzhautgewebe (pigmentierter Bereich).

Foto: IMBA/MADELINE A. LANCASTER

Columbus – Einem US-Forscher ist es nach eigenen Angaben gelungen, in einem Labor in Ohio ein winziges, aber fast vollständiges menschliches Gehirn in der Petrischale heranzuzüchten. Wie Rene Anand von der Ohio State University am Dienstag bei einem Kongress in Florida bekanntgab, hat das aus menschlichen Hautzellen erzeugte Organoid den Reifegrad eines fünf Wochen alten Embryonalgehirns.

"Es sieht nicht nur so aus wie das sich entwickelnde Gehirn", sagte Anand. Es enthalte auch fast alle Zelltypen und 99 Prozent aller Gene des menschlichen Gehirns.

Das Gehirn ist so groß wie eine Erbse und den Angaben des Forschers zufolge das bisher vollständigste menschliche Gehirn, das im Labor gezüchtet wurde. Es besteht nach Angaben der Universität nicht nur aus den entsprechenden Zelltypen, sondern ist auch so aufgebaut wie ein menschliches Gehirn, inklusive Rückenmark und Retina-Gewebe. Die wichtigsten Hirnregionen seien damit vorhanden. Eine Einschränkung gibt es allerdings: Blutgefäße hat das Mini-Gehirn nicht.

Ein Gehirn zum Experimentieren

Das Minigehirn aus dem Labor kann nach Angaben von Anand bei der Erforschung neuer Therapien gegen neurologische Krankheiten wie Alzheimer oder Autismus helfen. Neue Medikamente könnten damit "einfacher und ethischer" getestet werden. Solche Tests seien zudem besser und aussagekräftiger als Versuche mit Nagetieren.

Einen vergleichbaren Erfolg verkündeten bereits vor zwei Jahren Wissenschafter am Institut für Molekulare Biotechnologie (IMBA) in Wien. Einem Team um Postdoktorandin Madeline Lancaster und IMBA-Vizedirektor Jürgen Knoblich gelang damals ebenfalls die Erzeugung menschlicher Minigehirne aus Stammzellen. (APA/red, 19.8.2015)