Hier einige Zitate aus dem Bericht, den die Delegation von Amnesty International nach ihrem Besuch in der Betreuungsstelle Traiskirchen verfasst hat:

"Anlässlich des Besuchs in Traiskirchen begegnet das Team von Amnesty International einem jungen Mann aus Somalia, der nicht Englisch spricht und einen Zettel in der Hand hat, von dem er nicht weiß, was er damit tun soll. Es handelt sich um seine Wartenummer – eine Nummer über 50; es ist bereits später Nachmittag und derzeit ist Nummer 9 an der Reihe, (eine ärztliche Untersuchung zu bekommen, Anm.). Er wird wohl heute nicht mehr untersucht."

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"Amnesty International wird mehrfach von Asylwerber*innen berichtet, dass sie erst dann einen (Arzt-)termin erhalten, wenn sie mehr als einmal zum Empfang kommen. Sonst werden sie eher wieder weggeschickt. Probleme gibt es vor allem auch, wenn sie nicht Deutsch oder Englisch sprechen."

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"Der 17-jährige M. aus Somalia erzählt, dass er Künstler ist, (…). Sein linker Arm ist eingebunden. Er war zuerst auch obdachlos, hat jetzt jedoch eine Unterkunft. Er erzählt, dass er seit längerer Zeit eine Infektion im linken Bein hat, wegen der er fast nicht mehr gehen konnte. Niemand wollte ihm helfen. Er wurde erst dann von einem Arzt untersucht, nachdem er sich im zweiten Stock ins Fenster gestellt und gedroht hatte sich umzubringen. Dabei hat er sich auch selbst am Arm verletzt."

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"Einige Asylwerber*innen erzählten Amnesty International, dass viele Asylwerber*innen, die krank sind, sich nicht trauen, medizinische Hilfe in Anspruch zu nehmen. Sie haben Angst, dass sie dann nicht in die Bundesländer überstellt werden und noch länger in Traiskirchen bleiben müssen."

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"Mehrfach erzählten Asylwerber*innen Amnesty International, dass es ein inoffizielles Strafpunktesystem gäbe. Strafpunkte gäbe es wegen Streitereien, aber auch, wenn man sich beschweren würde. Wenn jemand 3 Strafpunkte hätte, müsse er ein paar Nächte außerhalb der Betreuungsstelle verbringen."

"Ein Vater, der mit seinem 12-jährigen Sohn in die Betreuungsstelle Traiskirchen gekommen ist, zeigt Amnesty International anhand der 'Klienten-Karten', dass sein Sohn und er verschiedenen Häusern zugeteilt worden wären. Die beiden haben sich daher gezwungen gesehen, im Freien zu übernachten, um zusammenbleiben zu können."

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"Bei der Ausgabe der für Asylwerber*innen sehr wichtigen Verfahrenskarten, die gleichzeitig auch als Identitätskarten dienen, stehen die Menschen ab sechs Uhr stundenlang in der prallen Sonne an. Es gibt weder ein Nummern- noch ein Wartelistensystem. Manchmal müssen sie sich auch mehrere Tage anstellen. Eine schwangere Frau aus Syrien berichtete Amnesty International, dass sie bereits den zweiten Tag versuchen würde, ihre Verfahrenskarte zu erhalten."

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"Die Essensausgabe erfolgt in zwei Gebäuden – es gibt zwei Speisesäle, einen mit 280 Plätzen, den anderen mit 140 Plätzen. Nach Angaben der Asylwerber*innen dauert das Anstellen zum Essen zwei Stunden. Unbegleitete minderjährige Jugendliche werden nicht besonders berücksichtigt, sondern sind, da sie scheinbar als schwierig angesehen werden, zum Schluss an der Reihe. Wer nicht rechtzeitig da ist, bekommt nichts mehr zu essen. Vielfach erzählen Asylwerber*innen, dass das Essen anlässlich des Besuches von Amnesty International deutlich besser ist als sonst."

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"Amnesty International begegnet anlässlich des Besuchs in Traiskirchen S., einem 14-jährigen Jungen aus Afghanistan. Er hat den Überstellungstermin (Anm. in eines der Bundesländer) übersehen, der auf die Türe des Zimmers geklebt wurde, in dem er seine Unterkunft hat. Daher musste er weiter in Traiskirchen bleiben. Aus Verzweiflung hat er seine Unterarme aufgeschnitten. Laut seinen Angaben bekommt er derzeit keine psychologische Betreuung." (red, 14.8.2015)