Bild nicht mehr verfügbar.

Wer in den See springt, landet mitunter in Privateigentum. 73 Prozent der Gesamtseefläche in Österreich sind jedoch in Hand der Bundesforste.

Foto: APA/Jäger

Wien – "Eine Goldgrube ist ein See sicher nicht." Gundula Meßner ist Klagen über Kosten für Stege und Boote gewohnt. Die Kärntner jammerten halt gerne, sagt sie. Auch wenn sie völlig marktübliche Preise verlange. Meßner zählt zu den letzten privaten Seebesitzern in Österreich. Ihre Mutter hat ihr den Keutschachersee vermacht, in Familienhand soll er auch bleiben.

Zeiten, in denen das Land den Meßners den tiefgrünen See streitig machen wollte, sind längst vorbei. Um sich gegen die Enteignung zu wehren, zog ihre Mutter bis vor die Höchstgerichte – und bekam in allen Instanzen Recht. Ein Kampf, der eine Menge Geld kostete, erinnert sich Meßner. Sie selbst sehe es als Pflicht, die Qualität des Sees mitsamt seiner Fische zu erhalten.

Hohe Auflagen

Wirklich viel zu sagen oder die Möglichkeit, Einnahmen zu erhöhen, habe sie aber nicht, sagt Meßner. Die Auflagen durch den Naturschutz seien hoch, das Mitspracherecht der Gemeinde sei groß. Pfahlbauten aus der Steinzeit machen den See zudem zum Unesco-Welterbe – Tauchen ist verboten.

73 Prozent der österreichischen Seenfläche sind in Hand der Bundesforste. 74 der Seen des Staatsunternehmens sind größer als ein Hektar. Wörthersee und Attersee sind ebenso darunter, wie Traunsee, Wolfgangsee, Millstätter See, Ossiacher See, Fuschlsee, Erlaufsee und Hallstätter See. Ein paar wenige sind in Landes- bzw. Gemeindeeigentum, weit weniger als ein Dutzend in privatem Besitz.

Nichts für Russen

Wer durch den Neusiedlersee watet, tut dies größtenteils auf Boden der Großgrundbesitzer Esterhazy. Der Sprung in den Mondsee lässt einen im Eigentum von Nicolette Waechter landen. Die Grüne, die sich stark für Umweltschutz und Kultur engagiert, ist Österreichs bekannteste Seebesitzerin. Vor allem seit sie ihr Erbe ans Land verkaufen wollte und an die Bundesforste verwiesen wurde – doch die Preisvorstellungen klafften meilenweit auseinander. An russische oder arabische Interessenten wollte sie nicht veräußern. Und zurzeit ist für sie ein Verkauf gar kein Thema mehr.

Hie und da trennt sie sich noch von kleinen Seegrundstücken. Die Mieteinnahmen aus dem See seien mit einem mittleren Einkommen vergleichbar, erzählt sie. "Der Aufwand ist sehr hoch." Sie beklage sich nicht, aber unterm Strich bleibe nicht viel über. In der Vergangenheit focht Waechter harte Kämpfe aus: gegen die Zulassung von Motorbooten und neue Straßen zulasten des Schilfs. "Mittlerweile aber hat sich alles beruhigt."

Nicht aus Familienhand geben ihr Gewässer auch die Bankerfamilien Bucher und Catasta. Seit 1924 nennen sie den Faaker See ihr Eigen. Wer dort segeln will, zahlt jährlich je nach Bootsgröße 50 bis 200 Euro. Der Quadratmeter Steg kostet zwölf bis 15 Euro. Motorboote, an deren Lizenzen sich gut verdienen lässt, sind tabu. Zum Vergleich: Auf Seen der Bundesforste schlägt sich der Quadratmeter Steg mit 16 bis 17 Euro zu Buche. Preise für eine Boje bewegen sich zwischen 200 und 370 Euro. In Bayern sind dafür nicht selten bis zu 600 Euro zu berappen.

Wertvolle Ufergrundstücke

Die Bundesforste verfügen über mehr als 7000 Nutzungsverträge, allein 2000 sind es am Attersee. In Summe jedoch spiele das Seengeschäft nicht mehr als drei Prozent der gesamten Betriebsleistung des Staatskonzerns ein, alles in allem rund 7,5 Millionen Euro, rechnet Sprecherin Pia Buchner vor. Zumal den Forsten ja auch nur die Seenwanne gehört – und nicht die Wasseroberfläche. "Das Spektrum an Möglichkeiten für Erlöse ist daher natürlich eingeschränkt."

Ein See rechnet sich – aber reich wird man davon nicht, so der Tenor auch am Faaker See. Beklagen Pächter leicht verdientes Geld für die Seebesitzer aufgrund der steigenden Preise, führen mit der Bewirtschaftung Vertraute die enormen Wertsteigerungen der Ufergrundstücke ins Treffen.

Die Frage nach dem Wert eines Sees sei nur schwer zu beantworten. "Für Profis ist er aber ein gutes Geschäft", ist Stefan Höffinger überzeugt. Der Berater hat große österreichische Seen in einer Studie auf ihre Wirtschaftskraft abgeklopft: Bodensee und Hallstätter See legten demnach am stärksten zu, der Attersee verlor, Traunsee und Mondsee belegen die letzten Plätze. Die touristische Entwicklung an den Seen sei seit 2008 um acht Prozent unter dem Schnitt in Österreich gelegen. Entscheidend ist für Höffinger, wie professionell das Gesamtpaket See bewirtschaftet wird – Private haben dabei aus seiner Sicht den größeren Handlungsspielraum. "Man muss eben aufpassen, dass ein See nicht im Dornröschenschlaf erstarrt."

Eckart Senitza besitzt den Goggausee. Der Gösselsdorfer See gehört dem Stift St. Paul, der Turnersee dem Verein Kärntner Grenzland. Der Irrsee wiederum ist seit 1959 unter dem Dach des Fischereivereins Vöcklabruck, der auch das Vorkaufsrecht für Anteile einzelner Privatbesitzer hat. "In den 50er-Jahren war unser See wertlos, moorig, abgelegen – eben nur was für Idealisten", erzählt Obmann Josef Eckhardt. Heute sieht er in ihm eines der besten Fischgewässer Österreichs: Auf einen Hektar kämen gut 135 Kilo Fisch.

Wettlauf gegen Surfer

Interessenskonflikte mit der Gemeinde ließen in der Vergangenheit auch am Irrsee immer wieder die Wogen hochgehen, etwa rund um Surfer. Vor Gericht zogen diese den Kürzeren – zeitgleich mit dem Ende des großen Surfbooms.

Seit mehr als 60 Jahren im Ei- gentum der Gemeinde St. Kanzian ist der Klopeinersee. Zuvor hatten bei ihm die Kirche und der Adel das Sagen. Die Renditen seien bescheiden, die Wertanlage aber sei eine sichere, sagt Bürgermeister Thomas Krainz. Herausforderung alle Winter wieder sei freilich, den Klopeinersee am Gefrieren zu hindern: Er hat die höchste Dichte an Stegen, Eisschollen machen ihnen den Garaus – und Eisbrecher wie mit Seilen verankerte Baumstämme halten dagegen. Auch wenn an Nebenfronten mitunter über den Verkauf des Sees diskutiert wurde, schließt Krainz diesen definitiv aus. "Wir geben ihn nicht her, wir haben das nicht notwendig." (Verena Kainrath, 14.8.2015)