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Anhänger der Regierungspartei UNP bei einer Kundgebung in Colombo. Laut Umfragen dürfen sie auf einen Sieg hoffen.

Foto: AP / Gemunu Amarasinghe

Colombo/Wien – Die Ausgangslage vor Sri Lankas Parlamentswahl am Montag kann man getrost als ungewöhnlich beschreiben: Da ist zum einen der im Jänner abgewählte Präsident – Mahinda Rajapaksa –, der alles daran setzt, Premier zu werden. Und da ist zum anderen sein Parteichef – Präsident Maithripala Sirisena –, dem es allem Anschein nach lieber wäre, würde nicht seine Partei, sondern die Opposition siegen.

Hintergrund ist eine Geschichte von Macht und, so meint Rajapaksa, Verrat, die im Herbst begann: Damals setzte der Präsident Neuwahlen an. Die Opposition war schwach, seine Popularität nach dem Sieg gegen die Tamilischen Tiger (LTTE) von 2009 ungebrochen; ein guter Zeitpunkt, sich für eine weitere Amtszeit bestätigen zu lassen.

Reformen lassen auf sich warten

Eine Fehlkalkulation, wie sich herausstellen sollte, als sich einer der engsten Verbündeten des Präsidenten gegen ihn stellte: Maithripala Sirisena, der zuvor nicht gerade durch Charisma aufgefallen war, prangerte Korruption, Autoritarismus und Familienherrschaft der Rajapaksas an – und gewann mit Reformversprechen im Jänner die Präsidentenwahl.

Seither bemüht sich der neue Präsident gemeinsam mit der früheren Oppositionspartei UNP und deren Premierminister Ranil Wickremesinghe darum, dieses Versprechen auch umzusetzen. Die in der Bevölkerung geforderten Wirtschafts- und Bildungsreformen lassen aber auf sich warten.

Anti-Rajapaksa-Reformen helfen Rajapaksa

Vieles scheitert daran, dass in der von Sirisena geführten Freiheitsallianz SLFP weiterhin zahl reiche Abgeordnete eher mit Rajapaksa als mit dem Präsidenten sympathisieren. Ironischerweise könnte der einzige Reformerfolg Sirisena nun zum Problem werden: Im April einigten sich die Parteien darauf, die Macht des Präsidenten zugunsten des Premiers zu beschneiden – was Rajapaksa nun im Fall eines Sieges mehr Macht gäbe.

Dessen Anhänger in der SLFP waren es auch, die seine Nominierung als Parteikandidat für das Premiersamt erzwungen haben. Sirisena musste zustimmen – und sagt seither immer wieder, Wähler sollten "die Eignung der Kandidaten bedenken".

Zwischen China und Indien

Rajapaksa kämpft indes nicht nur um sein politisches Über leben, sondern auch um seine persönliche Zukunft: Es heißt, er habe zahlreiche lukrative Entwicklungsprojekte an chinesische Firmen vergeben und davon auch persönlich profitiert. Ermittlungen laufen – ohne Immunität scheint eine Anklage absehbar.

Wie mit den Geschäften mit China umgegangen werden soll, stellt die neue Regierung vor knifflige Probleme: Mehrere Milliarden an Krediten wurden dafür von Peking aufgenommen – was auch politische Abhängigkeiten geschaffen hat. Erst im vergangenen Sommer war etwa Indien in heller Aufregung, als ein chinesisches U-Boot mehrere Tage lang vor Sri Lankas Hauptstadt Colombo vor Anker lag. Die neue Regierung will indes die Nähe zu China begrenzen – Sirisenas erste Auslandsreise ging nach Neu-Delhi, erst dann besuchte er auch Peking.

Umfragen stehen gegen den Ex-Präsidenten

Umfragen sehen Rajapaksas UPLA rund zehn Prozent hinter der UNP. Das sollte reichen, um eine Rückkehr des Expräsidenten an die Macht zu verhindern. Möglich ist aber, dass keine der beiden großen Parteien allein regieren kann. Sie wären dann auf die Vertreter der muslimischen und tamilischen Minderheiten im mehrheitlich singhalesischen Sri Lanka angewiesen. In diesem Fall hätte die UNP die besseren Karten.

Rajapaksa verbinden viele mit schweren Menschenrechtsverletzungen während der letzten Wochen des Kriegs gegen die LTTE und mit Unterstützung für gewalttätige buddhistische Gruppen. Ein Bericht des International Truth and Justice Project kam aber jüngst zum Schluss, dass es auch unter der neuen Regierung weiter systematische Diskriminierung gebe. (Manuel Escher, 16.8.2015)