Wien – Die ORF-Gebührentochter GIS könnte mit einigen Gebührenbefreiungen weniger kalkulieren: Der Verfassungsgerichtshof hat zu den Rundfunkgebühren Passagen zur Gebührenbefreiung als verfassungswidrig aufgehoben. Vor wenigen Wochen entschied der Verwaltungsgerichtshof, dass reiner Web-Empfang nicht gebührenpflichtig ist.

Eine Handvoll Gebührenzahler beschwerte sich, Thema: Was ist vom Haushaltseinkommen abzuziehen, um zu beurteilen, ob ein Haushalt aus sozialen Gründen von den Gebühren befreit wird? Rechtliche Basis: Das Fernmeldegebührengesetz, es gilt auch für Befreiungen von Rundfunkgebühren. Und eine Dienstanweisung, die nie Rechtskraft bekam, aber angewendet wurde.

Verschlechterung für Eigenheime

Diese Dienstanweisung sagte: Besitzer von Eigenheimen können eine "Eigenheimpauschale" zum Abzug bringen, wenn es um die Berechnung des Haushaltseinkommens geht – ob nun für Rundfunkgebühren oder auch Telefon-Grundgebühren.

Und weil diese jahrzehntelang angewandte Pauschale nie Rechtskraft erlangte – gibt es sie nun einfach nicht mehr, entschied der Verfassungsgerichtshof. Eine Verschlechterung für Haus- und Wohnungsbesitzer – und damit wohl gleich ein paar Befreiungen weniger.

Verfassungswidrig aber wurde es bei den Mieten.

Miete ist nicht gleich Miete

Das Fernmeldegebührengesetz erwähnt aber nur "Hauptmietzins einschließlich der Betriebskosten", ohne allfällige Mietzinsbeihilfe, als abzugsfähig. Die ein paar Jahrzehnte alten Durchführungsbestimmungen zur Fernmeldegebührenordnung sehen für "andere Wohnungsformen als Miet- und Genossenschaftswohnungen" einen "dem Mietzins vergleichbaren Aufwand in pauschalierter Form" als Abzugsposten vor.

Die Verfassungsrichter, angerufen vom Bundesverwaltungsgericht, entschieden nun – vereinfacht: Die Bestimmung des Fernmeldegebührengesetzes über Hauptmietzins ist verfassungswidrig, weil sie Mieter untereinander ungleich behandelt, je nachdem, welche Rechtsgrundlage für das Mietverhältnis gilt.

Ungleichbehandlung von Mietverhältnissen

Im Erkenntnis heißt es dazu: "Die Verfassungswidrigkeit" ... "ist darin zu sehen, dass die Beschränkung des Abzugs auf Mietverhältnisse, die dem Mietrechtsgesetz unterliegen," ... "zu einer Ungleichbehandlung von Mietverhältnissen nach dem Mietrechtsgesetz mit Mietverhältnissen außerhalb des Mietrechtsgesetzes führt". Mieten nach dem Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz seien nicht immer als Hauptmietzins definiert und könnten damit nicht abgezogen werden, heißt es im Erkenntnis VG176/2014-4.

Die Höchstrichter wollten aber auch nicht nur "im Sinne des Mietrechtsgesetzes" aufheben – weil sonst jede Luxusmiete abzugsfähig wäre, was nicht unbedingt im Sinne sozialer Befreiungen von Rundfunkgebühren wäre.

Frist zur Reparatur

Die Bundesregierung hat die aufgehobenen Passagen durch verfassungskonforme Regelungen zu ersetzen, die Mietverhältnisse untereinander sachlich regelt. Die Höchstrichter geben ihr dafür ein Jahr bis August 2016 neue Regelung finden muss. Bis dahin gilt die alte Regelung weiter.

Ergreiferprämie

Sachkundige Juristen erwarten, dass die Beschwerdeführer – es dürfte sich um ein paar Dutzend handeln – nach der Entscheidung von Rundfunkgebühren befreit werden. Die Frage muss aber das Bundesverwaltungsgericht klären, wo die Fälle liegen. Jedenfalls bis zu einer Neuregelung. (fid, 13.8.2015)