Ein Larger Pacific Striped Octopus (LPSO) berührt ein Beutetier mit einem seiner Arme – und treibt es damit in seine übrigen.

Foto: Roy Caldwell/UC Berkeley

Zwei LPSO bei der Kopulation. Das Männchen (links) befruchtet die Eier in der Mantelhöhle des Weibchens (rechts).

Foto: Roy Caldwell/UC Berkeley

Berkeley/Wien – Der panamaische Biologe Arcadio Rodaniche machte in den 1970er Jahren eine überraschende Entdeckung. Er beobachtete an wenige Zentimeter großen Kraken vor der Küste Panamas höchst ungewöhnliche Verhaltensweisen: Im Gegensatz zu bis dahin bekannten Krakenspezies schien diese Art eine erstaunlich soziale Lebensweise zu pflegen, sich intim und mehrmals fortzupflanzen sowie untypische Jagdstrategien anzuwenden.

Die Beobachtungen erschienen so außergewöhnlich, dass der Forscher Schwierigkeiten hatte, sie zu publizieren und in Fachkreisen damit auf Gehör zu stoßen. Noch bis heute fehlt eine detaillierte wissenschaftliche Beschreibung der vorübergehend als Larger Pacific Striped Octopus (kurz: LPSO) bezeichneten Spezies.

Sozialer SonderfallRoy Caldwell

Nun endlich holt eine umfangreiche Untersuchung die Versäumnisse der letzten Jahrzehnte zumindest teilweise nach: Ein internationales Forscherteam, dem auch Rodaniche angehörte, dokumentierte über mehrere Jahre hinweg die Lebensweise der Tiere.

Die Ergebnisse der in "Plos One" erschienenen Studie bestätigen, dass diese Spezies tatsächlich als Sonderfall unter den Kraken gelten muss. Während die meisten anderen Arten Einzelgänger sind, und nur zu Paarungszwecken mit Artgenossen interagieren, wurden LPSO vor den Küsten Nicaraguas und Panamas in Paaren und sogar in Gruppen von bis zu 40 Tieren gesichtet. Mitunter lebten Paare gemeinsam in einer Höhle und teilten sich ihre Beute. Vor allem aber in Sachen Fortpflanzung unterscheidet sich die Spezies frappierend von ihren bisher erforschten Verwandten.

Brutale Umarmung

Denn üblicherweise halten männliche Kraken bei der Paarung, während der sie mit ihrem Fortpflanzungsarm die Eier in der Mantelhöhle der Weibchen befruchten, den größtmöglichen Sicherheitsabstand. Nicht selten nämlich gehen Weibchen beim Akt aggressiv vor, bei Nahrungsbedarf fressen sie Männchen nach der Kopulation sogar mitunter auf. LPSO aber paaren sich einander zugewandt, berühren und umschlingen einander gegenseitig mit ihren Armen – wenn auch eher brutal als liebevoll. Warum sie diese Position einnehmen, ist noch nicht geklärt, vermutlich begünstigt sie aber die Befruchtung.

Die Weibchen können sich jedenfalls nahezu ihr gesamtes Erwachsenenleben lang immer wieder fortpflanzen – eine weitere Besonderheit dieser Spezies. Auch ihr subtiles Jagdverhalten hebt die LPSO von anderen Arten ab: Anstatt Beutetiere mit allen Armen zu packen, erschrecken sie diese durch geschicktes Anstupsen mit einem Arm, sodass sie flüchten – in Richtung Krakenmaul. (David Rennert, 13.8.2015)