Wien – Bis zum 17. November will die Bundesregierung die Ergebnisse der Bildungsreformgruppe präsentieren. Das bekräftigte Bildungsministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) am Mittwoch im Rahmen einer Pressekonferenz. Mit dem Koalitionspartner ÖVP habe man in Fragen der Schulautonomie "weitgehend Einigung" erzielt.

Künftig soll den Schulleitern etwa mehr Mitsprache bei der Personalauswahl gewährt werden, wiewohl die Bundesministerin den Direktoren in dieser Frage die völlige Autonomie nicht einräumen will. Neben dem Mitspracherecht bei der Personalauswahl sollen Direktoren Lehrer dazu verpflichten können, bestimmte Kurse zur Weiterbildung zu belegen.

Im neuen Dienstrecht sind Lehrer bereits jetzt dazu verpflichtet, sich 15 Stunden pro Schuljahr in der unterrichtsfreien Zeit fortzubilden. Diese Regelung galt bisher auch für Landeslehrer. Für Vertragslehrer des Bundes war eine Fortbildungspflicht nicht ausdrücklich gesetzlich geregelt.

Weiters soll der Versetzungsschutz der Pädagogen gelockert werden. Die Direktoren selbst sollen größeren Verwaltungseinheiten aus eventuell auch mehreren Schulen vorstehen.

Heinisch-Hosek will den Unterrichtsalltag außerdem dem "Tagesrhythmus der Kinder anpassen", die Halbtagsschule sei nicht mehr zeitgemäß. Dem Koalitionspartner – der sich zumindest auf Bundesebene gegen die flächendeckende Ganztagsschule ausspricht – hat die Bildungsministerin bei der Pressekonferenz einen Vorschlag gemacht, der als Kompromissangebot gedeutet werden könnte.

Schule der Zukunft

So könnten Schulkinder auch nur an drei von fünf Unterrichtstagen ganztägig in der Schule sein, an zwei Tagen soll nachmittags ein Kurssystem angeboten werden. Die Eltern hätten somit an diesen Tagen Wahlfreiheit. Die Kinder könnten gegebenenfalls "für außerschulische Freizeitaktivitäten herausgenommen werden". Als Vorbild für die "verschränkte ganztägige Schule" diene das Schulsystem in Hamburg, so Heinisch-Hosek.

Die verschränkte Ganztagsschule mit einem über den Tag verteilten Wechsel aus Unterrichts-, Freizeit- und Lerneinheiten ist für die Ministerin nach wie vor die "Schule der Zukunft". Sie sollte grundsätzlich von sieben bis 17 Uhr geöffnet sein, mit einer bestimmten Kernarbeitszeit, die sich etwa mit Sport- und Hausübungseinheiten und einem gemeinsamen Essen abwechselt.

"Neigungsgruppen" sollen fordern und fördern

Außerdem soll die Schule auf unterschiedliche Talente, Begabungen und Förderbedürfnisse eingehen. Diese sollen in "Neigungsgruppen" abgedeckt werden.

Derzeit werden die Ergebnisse der Bildungsreform-Arbeitsgruppe "politisch geprüft", erklärte Heinisch-Hosek. Durch den Austausch der beiden Landeshauptleute Erwin Pröll (ÖVP) und Hans Niessl (SPÖ) durch Günther Platter (ÖVP) und Michael Häupl (SPÖ) habe sich für Heinisch-Hosek stimmungsmäßig nichts geändert: Diese habe sich weder verbessert noch verschlechtert.

Lob für Industriellenvereinigung und Wirtschaftskammer

Bei der Bildungsreform setzt die SPÖ offenbar auf die "fortschrittlichen Ansätze" innerhalb der ÖVP. "In den westlichen Bundesländern nimmt die ÖVP scheinbar eine andere Haltung an, als diese die allgemeine Beschlusslage vorsieht", sagte Gerhard Schmied, Bundesgeschäftsführer der SPÖ, über die bekannten Vorstöße aus Tirol, Salzburg und Vorarlberg im Hinblick auf eine gemeinsame Schule der Zehn- bis Vierzehnjährigen. Voll des Lobes war er diesbezüglich zudem für die Industriellenvereinigung und die Wirtschaftskammer.

Schmied wähnt außerdem Rückenwind für die Kernforderungen der SPÖ von den eigenen Mitgliedern. So haben 5.000 Rote an einer Onlinebefragung zum Thema Bildung teilgenommen. 96 Prozent von ihnen gaben an, dass sich das Schulsystem für mehr Chancengerechtigkeit einsetzen soll. 87 Prozent sprachen sich für das zweite verpflichtende Kindergartenjahr aus. 86 Prozent gaben an, dass die SPÖ den Druck für eine gemeinsame Schule erhöhen soll. (burg, 12.8.2015)