Athen – Deutschland hält eine schnelle Verabschiedung des geplanten dritten Griechenland-Hilfspakets für fraglich. Sowohl die deutsche Bundesregierung als auch einige Bundestagsabgeordnete machten am Montag deutlich, dass sie noch Klärungsbedarf in zentralen Fragen sehen. "Gründlichkeit geht vor Schnelligkeit", unterstrich Regierungssprecher Steffen Seibert.

Dagegen sieht die EU-Kommission die Verhandlungen auf gutem Wege. Griechenlands Regierung will die Grundsatzvereinbarung für das Programm spätestens am Dienstagmorgen präsentieren. Gelingt das, könnte das Land aus diesen Finanzhilfen die am 20. August fälligen Milliardenrückzahlungen an die EZB leisten.

Verhandlungen auf Hochdruck

Die Verhandlungen zwischen den zuständigen griechischen Ministern und den Vertretern des Quartetts aus EU-Kommission, Internationalem Währungsfonds (IWF), Europäischer Zentralbank (EZB) und Euro-Rettungsschirm ESM waren auch über das Wochenende mit Hochdruck fortgesetzt worden. "Alle Bemühungen sind darauf ausgerichtet, die Verhandlungen abzuschließen", sagte ein Regierungsvertreter in Athen. "Der Zeithorizont dafür ist bis Montagnacht oder bis zum frühen Dienstagmorgen."

Danach könnte ein entsprechender Gesetzentwurf dem griechischen Parlament vorgelegt werden. Der dürfte aus zwei Artikeln bestehen: einem, der die Kredit- und die Reformvereinbarungen beinhaltet, und einem, der vorrangige Reformschritte der Regierung enthält.

Satz für Satz

In der Nacht auf Montag hat nach Darstellung eines weiteren Regierungsbeamten in Athen die Schlussrunde des Feilens an der Vereinbarung begonnen: "Satz für Satz, Wort für Wort." Ein EU-Vertreter bescheinigte der griechischen Seite, der früher vorgeworfen worden war, die Gespräch zu belasten, eine "herausragende Zusammenarbeit". Unklar sind wichtige Punkte, wie das Gesamtvolumen des Hilfspakets, die Größe der Einzelzahlungen, die Details der Bankensanierung und die Privatisierungen.

Der deutsche Regierungssprecher Seibert warnte, es sei zwar auch Deutschland an einer raschen Einigung interessiert, doch müsse ein so umfangreiches Programm – im Gespräch sind bis zu 86 Milliarden Euro – eingehend geprüft werden.

Glaubwürdige Privatisierungsstrategie

Ein Sprecher von Finanzminister Wolfgang Schäuble ergänzte: "Wir wollen, dass es eine ambitionierte Haushalts- und Finanzplanung gibt, eine glaubwürdige Privatisierungsstrategie und eine nachhaltige Pensionsreform." Die Höhe der Auszahlungen sollte sich am Umsetzungstempo weiterer Reformen orientieren. Schaffe man nicht, im August eine erste Hilfszahlung möglich zu machen, müsse man über eine neue Brückenfinanzierung sprechen.

Auch aus dem Bundestag, ohne dessen Zustimmung das Paket nicht in Kraft treten kann, wurden Vorbehalte laut. "Es gibt da noch viele Fragen, die offen sind", sagte Unions-Fraktionsvize Ralph Brinkhaus (CDU) dem Deutschlandfunk. Das gelte etwa für die Empfehlung der Institutionen, eine erste Hilfstranche bei 30 bis 35 Milliarden Euro anzusiedeln. Der Unionsobmann im Finanzausschuss, Hans Michelbach, hält ein Hilfspaket auf der Basis des bisher Bekannten für nicht zustimmungsfähig. "Ich halte die Schuldentragfähigkeit nicht für gegeben, die ja eigentlich immer als das Maß aller Dinge gesehen wurde", sagte er der Agentur Reuters und warnte vor einem "faulen Kompromiss ohne ökonomische Vernunft".

Griechenlands Regierungschef Tsipras gab indes bekannt, Steuervorteile für Minister und Abgeordnete kappen zu wollen. Während über die Subventionen für Landwirte verhandelt werde, "können wir in Bezug auf unsere eigenen Vorteile nicht die Unbeteiligten spielen", sagte Tsipras. (APA, 10.8.2015)