Fragen und Antworten
Bei der Diskussion über die hohe Zahl der nach Deutschland kommenden Flüchtlinge stehen vor allem die Asylbewerber aus den Balkan-Ländern im Fokus. Sie stellen einen großen Teil aller Flüchtlinge dar, doch nur wenige werden in Deutschland als politisch verfolgt anerkannt. Deswegen will sie die deutsche Regierung schneller wieder loswerden, als das bisher geschieht.
Frage: Was hat die Politik bisher unternommen, um die Asylverfahren von Antragstellern aus dem Balkan zu beschleunigen?
Antwort: Die drei Westbalkan-Staaten Bosnien-Herzegowina, Mazedonien und Serbien wurden per Gesetz zu sicheren Herkunftsländern erklärt. Das soll die Voraussetzungen für die Verfahrensbeschleunigung schaffen, die Einzelfallprüfung muss aber beibehalten werden. Denn schließlich werden zwar die meisten Asylbewerber aus diesen Ländern abgewiesen, aber eben nicht alle. Ein geringer Prozentsatz von weniger als einem Prozent wird anerkannt.
Die Beschleunigung hält sich bisher in Grenzen: Dauerten die Verfahren bei den drei Ländern in 2014 durchschnittlich 7,1 Monate, so sind es derzeit noch 5,3 Monate. "Der Rückgang ist noch nicht ganz so deutlich, wie wir uns das vielleicht wünschen", heißt es im Innenministerium. Ressortchef Thomas de Maiziere (CDU) will erreichen, dass der Aufenthalt dieser Flüchtlinge innerhalb von drei Monaten beendet wird – und zwar direkt aus der Erstaufnahmeeinrichtung heraus.
Auch das Ziel, die Zahl der aus diesen Ländern nach Deutschland kommenden Flüchtlinge zu senken, hat der Bund noch nicht im gewünschten Umfang erreicht: Das Innenministerium spricht hier von einem "dämpfenden Effekt" der im vergangenen Jahr erfolgten Einstufung der Westbalkan-Staaten als sichere Herkunftsländer. Seit Anfang des Jahres wurden insgesamt 190.000 Asylanträge in Deutschland gestellt, 78.000 davon von Menschen aus den drei Staaten des Westbalkan.
Frage: Welche weiteren Maßnahmen sind geplant?
Antwort: De Maiziere möchte gerne weitere Balkan-Staaten als sichere Herkunftsländer einstufen. Im Gespräch sind dafür Kosovo, Albanien oder Montenegro. Der Innenminister braucht dazu aber eine Mehrheit im Bundesrat, für die auch die Unterstützung der Grünen benötigt wird. Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne), der sich wegen seiner Zustimmung zur Gesetzesänderung bezüglich Bosnien-Herzegowina, Mazedonien und Serbien viel Kritik aus der eigenen Partei anhören musste, signalisiert Bereitschaft zur Ausweitung des Kreises der sicheren Herkunftsländer. Auch führende SPD-Politiker sind dafür.
Kürzlich hat Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) angekündigt, im Freistaat gesonderte Aufnahmeeinrichtungen für die Balkan-Flüchtlinge zu schaffen – und damit zunächst einen Sturm der Entrüstung ausgelöst. Im Innenministerium wird allerdings darauf verwiesen, dass ein Beschluss des Flüchtlingsgipfels mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und den Länderregierungschefs im Juni die Möglichkeiten solcher Einrichtungen vorsieht.
Inzwischen gibt es eine ganze Palette weiterer Vorschläge: Sie reichen vom Taschengeld-Entzug bis hin zur Wiedereinführung der Visums-Pflicht für die Flüchtlinge vom Balkan. Der Präsident des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF), Manfred Schmidt, kündigte nun an, dass zehntausende Asylbewerber vom Balkan damit rechnen müssen, mit einer Wiedereinreise-Sperre nach Deutschland belegt zu werden.
Frage: Wie werden die hohen Ablehnungsquoten bei den Asylbewerbern vom Balkan bewertet?
Antwort: Was der Regierung als Argument für Verfahrensbeschleunigungen dient, gibt Flüchtlingsorganisationen Anlass zu grundlegender Kritik. Bei vielen Flüchtlingen vom Balkan handelt es sich um Roma, und die seien etwa oft "strukturell" von der Bildung ausgeschlossen, kritisiert Pro Asyl. Deshalb sollten mehr Flüchtlinge von dort als Asylbewerber anerkannt werden. Zwar hat Merkel kürzlich eingeräumt, dass die Roma auf dem Balkan noch immer diskriminiert würden. Als Asylbewerber will die Regierung sie in aller Regel trotzdem nicht anerkennen. (APA)