Im Linzer Ars Electronica Center geht man dem "Universum Mensch" auf den Grund.

Foto: Fraunhofer-Institut für Bildgestützte Medizin MEVIS

Hier wird etwa der Blutfluss im Aortenbogen dargestellt.

Foto: Fraunhofer-Institut für Bildgestützte Medizin MEVIS

Manchmal verbinden sich medizinische Forschung und Kunst aufs Eindrucksvollste: Fachleute des Fraunhofer-Instituts für Bildgestütze Medizin MEVIS in Bremen haben einen 3D-Film geschaffen, der das menschliche Herz in voller Aktion und aus verschiedensten Blickwinkeln zeigt.

Es schlägt und pumpt, und spezielle Techniken zeigen, mit welcher Dynamik das Blut durch die Gefäße strömt. Die Sequenz ist Teil eines neuen, interaktiven 3-D-Erlebnisses, das vom Linzer Ars Electronica Center im sogenannten "Deep Space 8K"-Kinosaal präsentiert wird. Als Museum der Zukunft zeigt es seinen Besuchern, wie neue, noch im Forschungsstadium steckende Technologien den künftigen Alltag prägen könnten – von der Arbeitswelt über die Freizeit bis zur Kunst.

"Universum Mensch"

Mit der Wiedereröffnung Anfang August stellt das Ars Electronica Center auch ein neues, der optimierten Projektionstechnik angepasstes 3-D-Programm für den Deep Space vor: "Universum Mensch" bietet eine interaktive Reise durch eine dreidimensionale Visualisierung unseres Körpers und veranschaulicht, wie Organe, Knochen, Muskeln und Blutbahnen aussehen und funktionieren. Fraunhofer MEVIS hat dafür ein zentrales Element beigesteuert – eine 3-D-Sequenz des menschlichen Herzens.

Zunächst baut sich aus den Schichtbildern eines CT-Scanners ein dreidimensionaler Block auf. Allmählich erkennt man Rippen, Zwerchfell und das schlagende Herz eines Mannes. Die Perspektiven wechseln, dann hebt sich eine einzelne Bildschicht hervor. Sie zeigt, wie sich die Herzklappen mit dem Pulsschlag öffnen und schließen. Jetzt erscheint eine MRT-Aufnahme. Auf ihrer Basis visualisieren raffinierte Algorithmen den Blutfluss: Aberhunderte farbige Funken stieben im Takt des Herzschlags durch Gefäße und Herzkammern und veranschaulichen, wo das Blut besonders schnell und druckvoll strömt.

Wird der Film nicht live kommentiert, erklingt eine eigens komponierte Soundlandschaft. Die dreiminütige Sequenz basiert vollständig auf realen medizinischen Daten, gewonnen vom institutseigenen MR-Tomographen. Die CT-Daten stammen vom Universitätsklinikum Marburg. Die Fraunhofer-Forscher erstellten den Film mit Hilfe von "MeVisLab" – einem Programmpaket, mit dem sich neue Softwarelösungen für die medizinische Bildbearbeitung bis zur Produktreife als Assistenzsystem für Mediziner entwickeln lassen.

Blutgefäße sichtbar machen

Mittlerweile wird MeVisLab von Experten rund um den Globus genutzt, auch aus der Industrie. Um die ästhetischen Bilder zu kreieren, verwendeten die Fachleute hochentwickelte Volumenrendering-Verfahren. Die Blutfluss-Sequenz gelang mit einer noch jungen Methode, die derzeit in Bremen in den klinischen Alltag überführt wird – die sogenannte partikelbasierte Strömungsvisualisierung. Ursprünglich stammt das Konzept von Computersimulationen für Windkanal-Experimente.

Gefüttert mit den Daten eines MR-Tomographen und angepasst auf den menschlichen Körper taugt es nun dazu, die Blutströme durch unser Gefäßsystem sichtbar zu machen. Andere für den Film benutzte Techniken bewähren sich bereits im Routineeinsatz: So können sich Ärzte per Softwareassistent genau jene Ansichten aus einem CT-Datensatz zeigen lassen, die wichtige Details etwa der Herzklappen besonders gut darstellen.

Die Herz-Sequenz ist nicht die erste Zusammenarbeit zwischen Bremen und Linz. 2013 zeigte Fraunhofer MEVIS auf dem Ars Electronica Festival die interaktive Installation "Poking Florian" – sie visualisiert die Faserbahnen und ihre Funktionen im menschlichen Gehirn. Auch andere Kultureinrichtungen profitieren von Exponaten, die bei Fraunhofer MEVIS konzipiert wurden: So steht im Bremer Science Center Universum seit kurzem der "Image Man".

Die lebensgroße, aus zehn Segmenten zusammengesetzte Figur veranschaulicht die Möglichkeiten der verschiedenen Bildgebungs-Verfahren wie Röntgen, CT und MRT. Die Experten arbeiten aber nicht nur an medizinischen Filmen und Hands-On Exponaten, allesamt basierend auf realen medizinischen Daten. Sie entwickeln auch Programme für Virtual-Reality-Brillen. Zukünftig sollen so klinisches Personal geschult und Patienten aufgeklärt werden. (red, 10.8.2015)