Die SPÖ leidet unter ihrem schlampigen Verhältnis zur FPÖ. Hans Niessl, der blassrosa Landeshauptmann im Burgenland, hat die Freiheitlichen dort in die Umarmung genommen und eine Koalition gebildet. Zwischen Norbert "Bollwerk" Darabos, der als Landesrat im Burgenland neben der Bäderhygiene auch für das Asyl- und Fremdenwesen zuständig ist, und dem blauen FPÖ-Chef Johann Tschürtz passt in wesentlichen Fragen kein Blatt Papier. Beim Thema Asyl werde es mit der FPÖ keinen Konflikt geben, erklärte Darabos unlängst in einem Interview und fügte lapidar an, dass mit linken Positionen bei Wahlen nichts zu gewinnen sei.

Das muss den Parteichef in Wien schmerzen. Zumindest in homöopathischen Dosen versucht es Werner Faymann immer wieder mit linken Positionen. Der FPÖ erklärt er zornig den Krieg und spricht von den menschenverachtenden Hetzern, gegen die wir uns alle – Parteien wie Zivilgesellschaft – verbünden müssten. Und gleichzeitig kuscheln seine Genossen in Eisenstadt inbrünstig genau mit diesen menschenverachtenden Hetzern. Das ergibt für Faymann – und die SPÖ – ein gewaltiges Glaubwürdigkeitsproblem.

Um diesem Glaubwürdigkeitsproblem entgegenzuwirken, hat sich innerhalb der SPÖ eine Initiative namens "Kompass" gebildet, die erstens mit Werner Faymann sehr unglücklich ist und zweitens aber auch mit der gesamten Entwicklung der Partei. Viele bemühte und viele engagierte Sozialdemokraten haben sich hier zur ideologischen Stärkung versammelt, tausend sind es schon, und viele von ihnen verfügen in der Partei durchaus auch über Respekt und Einfluss. Mit der FPÖ koalieren, das geht für diese Initiative gar nicht. Damit erschöpfen sich die Gemeinsamkeiten mit Faymann aber schon.

Ihren Schwerpunkt hat die Initiative "Kompass" in Oberösterreich, wo sich, quasi als Gegenentwurf zum Burgenland, besonders viele linke Kritiker in der SPÖ artikulieren. Mit durchaus mäßigem Erfolg. Ausgerechnet dort versucht der Landesparteichef jetzt wieder eine Debatte über den Umgang mit der FPÖ, sprich eine Annäherung an die Freiheitlichen, anzuzetteln. Reinhold Entholzer heißt der Mann, und er ist bereits mit seinem Wunsch nach einer Mitgliederbefragung zu diesem Thema in der Partei abgeblitzt. Jetzt beklagt er, dass sich die SPÖ mit der FPÖ nicht genug auseinandersetze, sondern nur "FPÖ, pfui" sage. Entholzers Erkenntnis: "Wir sollten konkret sagen, warum pfui, und das dokumentieren." Genau das versucht Parteichef Faymann in Wien immer wieder, nur hören ihm die Genossen offenbar nicht aufmerksam genug zu.

Entholzer startet seinen Vorstoß aus einer Situation der puren Verzweiflung heraus: Die SPÖ droht bei der Landtagswahl in Oberösterreich Ende September auf den dritten Platz abzurutschen. Der politische Gegner lanciert sogar Umfragen, wonach die SPÖ auf Platz vier hinter FPÖ und Grüne zurückfallen könnte. Entholzers Strategie ist jedenfalls hinterfragenswert: Mit einer Anbiederung an die FPÖ, die in Oberösterreich traditionell gut aufgestellt ist, leistet er dieser Wahlkampfhilfe, hat selbst aber gar nichts davon. Er setzt die Reise Richtung Platz vier zügig fort.

Das müssen auch die Genossen in Wien ausbaden: erst der Bürgermeister, der zwei Wochen später zur Wahl antritt, und in der Folge wohl der Kanzler und Parteichef, bei dem sich die Frage stellt, ob er dann überhaupt noch zur Wahl steht.

(Michael Völker, 7.8.2015)