Birgit Baumann aus Deutschland
Deutschland hat eines der besten Gesundheitssysteme der Welt – so loben Politiker regelmäßig die medizinische Versorgung in der Bundesrepublik. Was dabei nicht erwähnt wird: Es ist auch eines der teuersten. Und dennoch befürchtet die Hälfte der Bundesbürger, dass sich die Versorgung in den nächsten zehn Jahren verschlechtern wird.
Die medizinische Grundversorgung ist in Deutschland natürlich gewährleistet, doch auch dort bekommen Kranke nicht mehr alles bezahlt. Deutschland hat die sogenannten IGEL-Leistungen eingeführt ("individuelle Gesundheitsleistungen"). Das bedeutet: Die gesetzlichen Krankenkassen sind nicht zur Übernahme der Kosten verpflichtet, etwa beim Hautscreening oder der Glaukom-Früherkennung. 1,3 Milliarden Euro geben Versicherte dafür im Jahr aus.
Privat zahlt sich aus
Gesetzlich Versicherte (das sind rund 90 Prozent der Krankenversicherten) sind auch in anderen Fällen schlechter gestellt. Nach wie vor müssen viele von ihnen nicht nur im Wartezimmer, sondern auch auf nicht lebensnotwendige Operationen länger warten als jene Patienten, die privat versichert sind.
In Deutschland kann man sich nicht nur privat zusatzversichern, sondern auch anstatt der gesetzlichen eine private Vollversicherung wählen. Dies ist aber nur Selbstständigen, besser verdienenden Angestellten und Beamten vorbehalten. Es gibt keine Mitversicherung von Familienmitgliedern, diese müssen alle einzelne Verträge abschließen. Eine private Krankenversicherung kann auch Interessenten abweisen, wenn absehbar ist, dass deren Behandlung teuer wird. (Birgit Baumann, Markus Bernath, Stephan Brändle, Jan Marot, Anne Rentzsch, Adelheid Wölfl, 25.8.2015)