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Der Sturz Bashar al-Assads bleibt weiterhin unerreicht.

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Khaled Khoja bleibt Präsident des Oppositionsverbands "Nationale Koalition".

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Damaskus/Wien – Es hätte die Wahl einer neuen Führung des international als am wichtigsten angesehenen syrischen Oppositionsdachverbands, der "Nationalen Koalition der Revolutions- und Oppositionskräfte", werden sollen: Am Ende wurde am Mittwoch in Istanbul bei der 23. Generalversammlung die alte Garde wiedergewählt, Khaled Khoja, in der Türkei lebender turkmenischer Syrer, bleibt Präsident. Ins Leere lief auch der Versuch, ein neues "Hohes Militärkommando" aufzustellen. Als Folge des Streits verließen allerdings die LCC (Local Coordination Committees), die wichtigste oppositionelle Kraft in Syrien selbst, die "Koalition": eine weitere Schwächung.

Die politische syrische Opposition findet keine glaubwürdige und einheitliche Linie. Das ist nichts Neues, aber nun scheinen die Entwicklungen über sie hinwegzugehen. Die russische Initiative für eine regionale Allianz gegen den "Islamischen Staat" (IS), die Außenminister Sergej Lawrow beim Doha-Treffen vorantrieb, muss syrischen Oppositionellen den Angstschweiß auf die Stirn treiben. Zur Allianz würden sowohl Syrien als auch Saudi-Arabien – neben der Türkei bisher der wichtigste Sponsor des Aufstands in Syrien – gehören.

Syrischer Emissär in Riad

Mittlerweile sollen nicht nur syrisch-saudische Geheimdiensttreffen in Moskau stattgefunden haben, sondern der syrische nationale Sicherheitschef Ali Mamluk soll vom wichtigsten Mann in Saudi-Arabien, Vizekronprinz Mohammed bin Salman, empfangen worden sein.

Die "Nationale Koalition" reagierte auch zwiespältig auf einen Vorschlag des Uno-Sonderbeauftragten für Syrien, Staffan de Mistura, den dieser vergangene Woche dem Uno-Sicherheitsrat präsentierte. De Mistura musste nach monatelangen Konsultationen eingestehen, nicht wesentlich weitergekommen zu sein: Gespräche über die Fortführung des in Genf 2012 begonnenen Prozesses zur Schaffung einer Übergangsregierung in Syrien seien im Moment nicht möglich.

Vier Arbeitsgruppen

Stattdessen schlug er die Einsetzung von vier thematischen Arbeitsgruppen vor: humanitäre Sicherheit und Schutz; politische und Verfassungsfragen; Militär- und Sicherheitsangelegenheiten; Institutionen, Wiederaufbau und Entwicklung. Auch hier hat die "Koalition" die Sorge, dass der frühere Konsens, dass Bashar al-Assad so bald wie möglich abtreten muss, verlassen wird. Der Kampf gegen den IS hat die Prioritäten verlagert. Für die Opposition ist das eine schmerzliche Erkenntnis, De Mistura kann einstweilen nur abwarten, ob sich da für die Uno-Vermittlung neue Türen öffnen.

Die USA, aber natürlich noch mehr auch Saudi-Arabien und die Türkei sind weit davon entfernt, vom russischen Plan überzeugt zu sein. Das ebenfalls angesprochene Jordanien zeigt sich interessiert, wird jedoch nichts ohne saudischen Sanktus tun. Das wichtigste Anliegen von US-Außenminister John Kerry in Doha war demnach, die im Mai in Camp David begonnene Überzeugungsarbeit – welcher große Waffengeschäfte nachhelfen sollen – weiterzuführen, dass der Atomdeal mit dem Iran auch für die Araber gut ist. Hier tut sich ebenfalls einiges hinter den Kulissen. Ausgerechnet aus dem Iran kommen vermehrt Stimmen, die beteuern, was die iranischen Hardliner zur Weißglut treibt: dass der Atomdeal nur der Beginn für eine Normalisierung auch bei anderen regionalen Themen sein könnte.

Iranischer Vorschlag für regionalen Dialog

Außenminister Mohammed Javad Zarif hat in der libanesischen Zeitung "al-Safir" einen Gastkommentar veröffentlicht, in dem er nach dem Sprichwort "Der Nachbar kommt vor dem eigenen Heim" ein regionales Dialogforum vorschlägt, in dem etwa der Jemenkonflikt, aber auch jener in Syrien gelöst werden könnten. Die Iraner wollen natürlich auch nicht, dass der russische Plan an ihnen vorbeigeht: In den nächsten Tagen werden nacheinander der syrische Außenminister Walid Muallem und der russische Vizeaußenminister Mikhail Bogdanow in Teheran zu Gast sein.

Wobei jedoch eine der Attraktionen des russischen Plans für Saudi-Arabien ja gerade wäre, dass es eine "sunnitische" Koalition, ohne Iran, sein sollte. Wenn Riad bereit wäre, dem Iran eine Rolle zuzugestehen – und ohne Iran wird es realistischerweise ja nicht gehen –, würde das jedoch auch US-Präsident Barack Obama innenpolitisch helfen: Die Hoffnung, dass der Atomdeal eine Änderung der iranischen Politik herbeiführt, wäre ein wichtiges Argument, zumindest für die Demokraten im US-Kongress, ihn zu unterstützen. (Gudrun Harrer, 5.8.2015)