Sebastian Kurz hätte nicht näher auf die Frage nach der Migrantenliste eingehen müssen. Der Außenminister sagte im Interview mit dem STANDARD aber sehr deutlich, was er vom Antritt einer Liste mit Kandidaten hauptsächlich türkischer Herkunft hält: nämlich nicht allzu viel. Die Kandidatur sei abzulehnen, weil sie das "Gegenteil von Integration sei". Mit dieser Aussage gibt Kurz der Liste rund um den Simmeringer Arzt Turgay Taskiran mehr Aufmerksamkeit, als sich dieser erträumen könnte.

Doch warum beschäftigt die etablierten Parteien die Kandidatur so sehr? Sie sind von der Ankündigung schlicht auf dem falschen Fuß erwischt worden. Wenn Kurz nun sagt, dass es nicht integrationsfördernd sei, wenn sich Menschen mit Migrationshintergrund zusammentun, dann muss er sich fragen, was er bisher falsch gemacht hat. Kurz ist auch für die Integrationsagenden zuständig. Offensichtlich ist er damit gescheitert, den Migranten das Gefühl zu geben, politisch eingebunden zu sein oder zumindest gehört zu werden.

Insofern hat Spitzenkandidat Taskiran schon recht, wenn er darauf hinweist, dass Migranten in der Politik bisher fehlen. SPÖ und ÖVP stellen im Nationalrat jeweils nur eine Person mit nichtösterreichischen Wurzeln.

Mit einem großen Erfolg der Migrantenliste bei der Wien-Wahl ist dennoch nicht zu rechnen. Vor allem in bürgerlichen Bezirken tut sich die Liste schwer, überhaupt genügend Unterstützungserklärungen zu erhalten. (Rosa Winkler-Hermaden, 4.8.2015)