Im Nahen Osten ist in den vergangenen Jahren kein Stein auf dem anderen geblieben – aber ein Prinzip, das zwischendurch infrage gestellt schien, erweist sich letzten Endes als siegreich: Stabilität ist nicht nur von innerhalb, sondern auch von außerhalb der Region gesehen das höchste Gut; die kreative Unruhe, aus der die Regierung von George W. Bush dereinst blühende Demokratien hervorgehen sehen wollte, klingt heute wie eine Drohung.

Das gilt auch für die US-Beziehungen zu Ägypten, das, bis sich die Amerikaner Anfang 2011 überraschend rasch von Hosni Mubarak distanzierten, eine der wichtigsten Säulen der US-Nahostpolitik war. Danach mussten die USA nolens volens auf den damaligen Willen des ägyptischen Volkes eingehen und kooperierten mit den Muslimbrüdern. Die abermalige Wende 2013, die Absetzung von Mohammed Morsi, mitzumachen, fiel Washington dementsprechend schwer – und die neue Führung von Abdelfattah al-Sisi erleichert die Sache mit ihrer harten Hand gegen jede Art von Dissens auch nicht gerade.

Aber in Zeiten des "Islamischen Staates" und des Atomdeals mit dem Iran setzt man Prioritäten: Ägypten muss das Versprechen der Rückkehr zum demokratischen Prozess erst einlösen, aber so lange kann die Wiederaufnahme der vollen militärischen US-ägyptischen Kooperation nicht warten. Angesichts der Lage auf dem Sinai, wo sich der IS festgesetzt hat, kann man nicht viel dagegen haben. (Gudrun Harrer, 3.8.2015)