Kabul/Islamabad/Neu-Delhi – Der neue Taliban-Chef gab den starken Mann. Die Taliban würden den Jihad fortsetzen, "bis wir den Islamischen Staat (Kalifat, Anm.) etabliert haben", tönte Mullah Akhtar Mansur in seiner ersten Rede nach seiner Wahl. Seine Worte scheinen weniger nach außen als vielmehr nach innen gerichtet: Er kämpft vor allem um Rückhalt in den eigenen Reihen.

Die Taliban bräuchten Einheit, um den Feind zu besiegen, mahnte er. Das Reizthema Friedensgespräche streifte er nur – zu sehr spaltet die Frage die Taliban. Stattdessen spielte er die Bedeutung der Gespräche mit Kabul herunter: "Glaubt nicht der Propaganda des Feindes, dass es ein Friedensprozess oder Dialogprozess ist."

Hardliner verweigern Gefolgschaft

An anderer Stelle schloss er Gespräche nicht aus: "Das Islamische Emirat könnte neben dem Jihad auch Verhandlungen nutzen, um seine Ziele zu erreichen", zitieren ihn Medien. Von vielen hochrangigen Taliban wird er bisher nicht als Nachfolger Mullah Omars anerkannt. Laut Medien verweigern ihm Hardliner um die Familie des Verstorbenen die Gefolgschaft. Angeblich drohen sie, einen eigenen Chef zu wählen. Dies würde die Spaltung bedeuten.

Mansur bot seinen Gegnern Gespräche an. Wenn "Freunde" unglücklich mit Entscheidungen seien, "werden wir ihre Bedenken adressieren." Der Streit entzündet sich an der Frage von Friedensgesprächen, die die Hardliner ablehnen. Unter Vermittlung Pakistans hatten sich Vertreter von Taliban und afghanischer Regierung am 7. Juli zu Gesprächen getroffen, eine zweite Runde war vertagt worden.

Die Machtkämpfe bei den Taliban könnten die Gespräche stoppen. Mansurs Autorität hilft es auch wenig, dass er als "Marionette" Pakistans gilt: Angeblich wurde Mansur mithilfe von Islamabad als Taliban-Chef durchgeboxt.

Mysteriöse Todesmeldungen

Unterdessen ging die Serie mysteriöser Todesmeldungen weiter. Während in Großbritannien drei Angehörige des Familienclans des toten Al-Kaida-Chefs Osama Bin Laden bei einem Flugzeugabsturz starben, gab es in Pakistan Berichte, dass auch der Gründer des Terrornetzwerks Haqqani, Jalaluddin Haqqani, schon vor mehr als einem Jahr das Zeitliche gesegnet habe. Damit wäre fast die gesamte alte Garde der Terrorchefs tot.

Am Sonntag veröffentlichten die Taliban aber eine angebliche Erklärung Jalaluddins. Auf solche Botschaften ist allerdings als Lebensbeweis wenig zu geben, wie das Beispiel Omar zeigt, der noch aus dem Jenseits munter Erklärungen schrieb. Erst vergangene Woche hatten die Taliban Mullah Omars Tod bestätigt und erklärt, er sei im April 2013 gestorben. Aber selbst daran bleiben Zweifel. Omars letztes verifizierbares Lebenszeichen, eine Audiobotschaft, stammt laut Medien aus dem Jahr 2007. (Christine Möllhoff, 2.8.2015)