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Streitpunkt Stadttunnel: Der Maulwurf muss beim Graben mit weniger Widerstand rechnen als die Landesregierung. Für die Grünen ist beim geplanten Stadttunnel in Feldkirch noch alles offen.

Foto: APA/dpa/Pleul

Feldkirch – Die Zustimmung zum Bau des Feldkircher Stadttunnels war Bedingung der Volkspartei für die Regierungsbeteiligung der Grünen. Die Grünen haben hoch gepokert, setzten auf Zeitverzögerung durch eine langwierige Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP). Nun gibt die schwarze Regierungsseite Gas. Der UVP-Bescheid wurde mitten im Sommer präsentiert und erwischte die Tunnelgegnerschaft auf dem falschen Fuß. Die meisten waren auf Urlaub, die Bürgerinitiativen waren sprachlos. Umweltlandesrat Johannes Rauch (Grüne) reagierte mit schlichten sechs Sätzen. Quintessenz: Noch sei alles offen.

Der (noch nicht rechtskräftige) Bescheid ist positiv. Alles andere wäre auch sehr erstaunlich – prüfte doch die Verkehrsrechtsabteilung des Landes ein Projekt der Verkehrsabteilung. Verweigert der Verwaltungsgerichtshof den Bürgerinitiativen Parteistellung und damit auch Einspruchsrecht, könnten in Feldkirch bald die Bagger auffahren. Bekommen die Gegnerinnen und Gegner Parteistellung, geht das grüne Pokerspiel in die nächste Runde. Fraglich ist, ob die Initiativen einen aufwendigen Rechtsstreit finanzieren können.

Künstliche Empörung

Im Landhaus zeigte man sich über die zahlreichen Auflagen, die zur Umsetzung des Straßenprojekts gemacht wurden, nicht erfreut. Ob die Empörung von Landesstatthalter Karlheinz Rüdisser über "Unmengen" von Auflagen ehrlich gemeint war, ist fraglich. Betreffen doch ein Großteil der 300 Auflagen sicherheitstechnische Bereiche, beispielsweise die Sprengungen, den Brand- und den Arbeitnehmerschutz.

Verkehrspolitische Auflagen wie die Evaluierung von Entlastungszahlen oder Begleitmaßnahmen zur Verkehrsentlastung wurden auf die lange Bank geschoben. Marlene Thalhammer, Stadträtin der Grünen und Kritikerin des Pro-Tunnel-Kurses der Landesgrünen, spricht von "reinen Absichtserklärungen". Thalhammer fürchtet beispielsweise eine Prolongierung des Lkw-Staus an der Liechtensteiner Grenze, sieht die Umweltbelastung durch den Abtransport von einer Million Tonnen Aushubmaterial ungelöst, ebenso das Parkplatzmanagement und den versprochenen Rückbau bestehender Straßen.

Zuerst bauen, dann rechnen

Für all diese Maßnahmen dürfen sich die Tunnelbauer bis ein halbes Jahr vor Eröffnung Zeit lassen. Thalhammer: "Mit einigen Maßnahmen wie dem Bau einer Busspur von der Grenze bis in die Stadt oder mit der Einrichtung von Begegnungszonen könnte man gleich beginnen, die würden sofort Wirkung zeigen."

Im Landhaus setzt man auf Zeit und ist optimistisch. Der Nachweis der Verkehrsentlastung, der bis ein halbes Jahr vor Tunneleröffnung vorliegen muss, ist für Rüdisser kein Problem. "Den werden wir erbringen." Das erstaunt die Bürgerinitiativen sehr – schließlich war ein wesentlicher Einwand gegen das Tunnelprojekt die Vorlage fragwürdiger Entlastungszahlen.

Was passiert, wenn die Entlastungsauflagen trotz kreativer Rechenkunst nicht erfüllt werden? Die Lösung ist einfach. Man schüttet den Tunnel wieder zu. Kostet eh nur 226 Millionen Euro oder mehr. Wahrscheinlicher: Man drückt halt ein Auge zu, waren ja Unmengen von Auflagen. (Jutta Berger, 5.8.2015)