Bild nicht mehr verfügbar.

Wolfgang Schäuble will die Kompetenzen der EU-Kommission beschneiden, berichtet die deutsche "FAZ".

Foto: reuters / pempel

Ein Mangel an Streitbarkeit ist Wolfgang Schäuble nun wirklich nicht vorzuwerfen. Nachdem der deutsche Finanzminister mit seinem Grexit-Szenario die EU aufgeschreckt hat, hat er Mitte Juli noch einen draufgegeben, wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung berichtete. Schäuble habe an einer Sitzung der Finanzminister jüngst vorgeschlagen, die Macht der Europäischen Kommission zu beschneiden.

Die EU-Kommission hat verschiedene Funktionen: Sie ist eine Art Regierung der EU, die Gesetzesänderungen vorschlägt. Andererseits ist sie auch Hüterin der EU-Verträge. Hier will Schäuble nun laut Brüssler Diplomaten ansetzen: Die Kommission soll die Aufsicht über das Wettbewerbsrecht und die Binnenmarktregeln an eine politisch unabhängige Behörde abtreten.

Hohe Wellen

In Brüssel hat diese Meldung hohe Wellen geschlagen. Sie fällt mitten in die heiße Phase eines Machtkampfs zwischen den EU-Ländern und der Kommission. Deren Präsident Jean-Claude Juncker versteht sich nicht als Anführer eines Technokraten-Gremiums, sondern will politische Akzente setzen.

In der Griechenland-Krise etwa schaltete er sich in die Diskussionen zwischen den Eurofinanzministern und der griechischen Regierung ein, was Schäuble sehr missfiel. Als Junckers Stabschef griechische Reformvorschläge lobte, schimpfte Schäuble über die Äußerungen "unautorisierter Personen": Die Verhandlungen seien Sache der Finanzminister, nicht der Kommission.

Richtige Balance

Ein Sprecher Schäubles bestätigte, Schäuble sei es wichtig, "dass die Kommission die richtige Balance zwischen ihrer politischen Funktion sowie der Rolle als Hüterin der Verträge wahrt". Die Vorschläge Schäubles sind aber nicht als Retourkutsche gegen den eigensinnigen Juncker abzutun. Von einer Entmachtung der Kommission, könne keine Rede sein, sagte der Ministeriumssprecher. Vielmehr wolle Schäuble über den kurzfristigen Kontext hinaus die Rollen der Institutionen diskutieren. Die Niederlande erwägen offenbar, dieser Debatte Raum zu geben, wenn sie 2016 die Präsidentschaft des Rates übernimmt.

Das Thema liegt ohnehin auf dem Tisch, nachdem die Präsidenten der fünf EU-Organe gemeinsam einen Bericht vorgelegt haben, wie die europäische Wirtschafts- und Währungsunion aus ihrer Sicht zu stärken sei, etwa durch einen eigentlichen Finanzminister für die gesamte Eurozone. Frankreichs Präsident François Hollande hat zudem im Lauf der Griechenland-Krise vorgeschlagen, ein Parlament der Eurozone zu gründen, zur Diskussion steht auch ein Sonder-Euro-Parlament innerhalb des bestehenden Europäischen Parlaments. (Fabian Fellmann, 31.7.2015