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Der Wirkstoff Sofosbuvir ist höchst effektiv, aber auch extrem teuer.

Foto: REUTERS/Gilead Sciences Inc.

Für Menschen, die mit Hepatitis C infiziert sind, gab es 2013 eine wirklich gute Nachricht. Der neue Wirkstoff Sofosbuvir wurde als Medikament zur Behandlung der Virusinfektion (HCV) zugelassen. Es ist eine Tablette, die die Vermehrung der Viren im Körper hemmt und so verhindert, dass es zu schweren Leberschäden kommt.

Laut Weltgesundheitsorganisation sind global 150 Millionen Menschen Träger des HC-Virus. Für sie alle gäbe es plötzlich eine Therapie. Schon nach zwölf Wochen könnten die Erreger komplett aus dem Körper verschwunden und damit Patienten restlos geheilt sein. Nebenwirkungen treten, wenn überhaupt, nur in geringem Maße auf.

Extrem teuer

Das Problem dabei: Die Medikamente sind extrem teuer. Die Kosten einer einzelnen Behandlung mit Sofosbuvir und ähnlichen Medikamenten schwanken derzeit zwischen 50.000 und 200.000 Euro. Ende Juni warnte die Wiener Gebietskrankenkasse vor einem "Dammbruch bei Medikamentenkosten".

Im vergangenen Jahr habe man allein für die Behandlung von Hepatitis C mehr als 30 Millionen Euro ausgegeben. Diese Entwicklung sei "auf Dauer nicht finanzierbar." In Österreich dürften laut Peter Ferenci, Hepatologe an der Medizinischen Universität Wien, zirka 30.000 Frauen und Männer das Virus in sich tragen. "Das Virus hat verschiedene Mechanismen, um das Immunsystem zu blockieren", betont Ferenci. Einer davon ist die direkte Hemmung der antiviralen Wirkung von Interferonen. Ohne diese Botenstoffe kommt keine effektive Abwehrreaktion zustande.

Die körpereigenen Verteidigungskräfte jedoch stehen dem Erreger nicht unbedingt wehrlos gegenüber. Bis zu 50 Prozent der Infizierten können die Eindringlinge selbst ausmerzen. Wichtigster Faktor für eine erfolgreiche Defensive ist das Gen IL28B, erläutert Ferenci. Dieser Erbgutabschnitt trägt den Code für die Zusammensetzung eines bestimmten Interferon-Typs. Wer die C/C-Variante des Gens trägt, hat die besten Chancen, HCV von sich aus zu besiegen.

Diejenigen, die das Virus nicht selbst besiegen konnten, wurden bisher mit einer Kombination aus Interferon und Ribavirin behandelt. Die Heilungsrate betrug maximal 50 Prozent, doch die meisten Patienten litten unter heftigen Nebenwirkungen. Mitunter war sogar das Immunsystem in Mitleidenschaft gezogen.

Neue Generation

Solche Probleme dürften für chronische HCV-Patienten der Vergangenheit angehören. In den letzten Jahren wurden künstliche Hemmstoffe gegen insgesamt drei Proteine entwickelt, die für die Reproduktion der Viren von entscheidender Bedeutung sind.

"Am effektivsten sind die NS5A-Blocker", sagt Hepatologe Ferenci. NS5A, ein virales Eiweißmolekül, hat mehrere Funktionen. Durch Mutationen kann sich seine Struktur allerdings schnell ändern, und die Blockademoleküle werden wirkungslos. Zum Ausgleich setzt man deshalb zusätzliche Medikamente wie das 2013 erstmals in den USA zugelassenen Wirkstoff Sofosbuvir (Sovaldi) ein. Er greift das Enzym NS5B an. Infolgedessen bricht die Erbgut-Replikation der Erreger zusammen, die Vermehrung kommt zum Erliegen.

Um ganz sicher zu gehen, verabreichen Ärzte mitunter gleichzeitig ein drittes Mittel aus der Gruppe der NS3/4 Protease-Inhibitoren wie Viekirax oder Exviera. Vereinzelt kommen auch noch Ribavirin oder andere Präparate zum Einsatz. Die innovativen Kombinationstherapien zeigen nachhaltig Wirkung. "Sobald keine neuen Viren mehr produziert werden, erholt sich das Immunsystem und schlägt binnen weniger Tage zurück", berichtet Ferenci. Die Abwehrkräfte sind nun wieder in der Lage, von HCV befallene Zellen zu erkennen. Ihre Zerstörung wird umgehend eingeleitet.

Tickende Zeitbombe

Bleiben Patienten ohne Behandlung, attackieren die HC-Viren die Leberzellen und nutzen sie zu ihrer Vermehrung. Bei vielen Infizierten nimmt der Befall einen chronischen Verlauf. Sie tragen gewissermaßen eine tickende Zeitbombe in sich.

15 bis 30 Prozent der Patienten mit chronischer Hepatitis C entwickeln irgendwann eine Leberzirrhose. Ein Teil von ihnen wiederum erkrankt anschließend an Leberkrebs. Weltweit sterben vermutlich 500.000 Menschen jährlich an den Spätfolgen einer HCV-Infektion.

Die meisten der chronischen HCV-Patienten in Österreich wurden durch Bluttransfusionen infiziert, oft erfolgen Ansteckungen auch durch Drogenmissbrauch, wenn Injektionsnadeln mehrfach verwenden wurden. In mehr als einem Drittel aller Fälle ist der Infektionsweg nicht nachvollziehbar.

Mit den neuen Medikamenten könnte ein Virus, das mindestens seit fünfhundert Jahren die Menschheit begleitet, ausgelöscht werden. Wenn sich die Gesundheitssysteme das leisten können und wollen. (Kurt de Swaaf, 28.7.2015)