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Riskante Versicherungsgeschäfte auf Basis von ÖVAG-Anleihen.

Foto: APA

Wien – Das ehemalige Spitzeninstitut der österreichischen Volksbanken, die ÖVAG, ist seit Anfang Juli Geschichte. Das Kreditinstitut wird derzeit abgewickelt. Trotzdem sorgt die ÖVAG weiter für Verunsicherung, diesmal bei tausenden Versicherungsnehmern.

Wie zunächst der "Kurier" berichtete, hat die heimische Ergo-Versicherung 14.000 Österreichern eine Lebensversicherung auf Basis von ÖVAG-Anleihen verkauft. Das Produkt mit Namen "Rocket" wurde mit einer lukrativen Verzinsung von 4,48 Prozent im Jahr beworben. Vertreiber war zunächst die Victoria-Volksbanken Versicherung, die 2011 von Ergo übernommen wurde, die weiter auf das Produkt setzte.

Das Prinzip war simpel: Das Geld der Versicherungsnehmer wurde in ÖVAG-Papiere investiert. Auf dem Werbeprospekt war die Rede davon, dass dieser Ertrag "garantiert" sei. Garantiegeber war die ÖVAG selbst.

Kapitallücke von 865 Millionen Euro

Bei dem 2012 teilverstaatlichten Institut wurde vergangenes Jahr im Zuge des Bankenstresstests eine Kapitallücke von 865 Millionen Euro diagnostiziert. Die Eigentümer, also Bund und Volksbanken, wollten diese Lücke nicht mehr stopfen, weshalb das Vermögen der Bank derzeit von einer Abbaugesellschaft, der Immigon, verwertet wird.

Die Immigon hat am 9. Juli eine Rückkaufsauktion für ÖVAG-Anleihen gestartet. Investoren können Angebote abgeben, zu denen sie bereit wären, ihre ÖVAG-Anleihen zu verkaufen. Sicher ist, dass die Anleger spürbare Verluste erleiden werden. Bei der Immigon spricht man von ausstehenden Anleihen in Höhe von zwei Milliarden Euro. Für den Rückkauf stehen 850 Millionen bereit.

Verluste drohen deshalb auch den Versicherungsnehmern. Wie der STANDARD erfuhr, hat neben Ergo auch die Merkur Versicherung Polizzen verkauft, die auf ÖVAG-Anleihen basieren.

Ergo hat nun in den vergangenen Tagen ein Schreiben ausgeschickt, das bei Konsumentenschützern zu heftiger Kritik führt. Denn die Versicherung hat ihren Kunden angeboten, ihre Polizze zu dem von Immigon vorgeschlagenen Mindestpreis zurückkaufen. Dabei drohen Kunden hohe Verluste, im Extremfall sogar bis hin zu einem Fünftel des eingesetzten Kapitals. Ergo wies darauf hin, dass man dieses Rückkaufsangebot ablehnen oder mehr verlangen könne. Diesfalls bestehe aber ein Risiko, leer auszugehen.

Allein ausbaden

Peter Kolba vom Verein für Konsumenteninformation kritisiert dieses Vorgehen: Man lasse die Versicherten den Schlamassel allein ausbaden. Dabei sei "Rocket" ein problematisches Produkt. Normalerweise baut eine Lebensversicherung auf verschiedene Wertpapiere auf. Rocket basierte dagegen auf einer einzigen Anleihe, sei also viel riskanter. Auch die Garantie sei irreführend. Denn die ÖVAG habe ja nur ihre eigenen Anleihen "garantiert", wovon Versicherungsnehmer, wie man nun sieht, keinen Mehrwert hatten.

Bei Ergo weist man die Kritik zurück. In Wahrheit handelt Immigon verantwortungslos, weil das angebotene Rückkaufsprogramm extrem kurz angesetzt ist (bis Ende Juli). Man habe keine Kunden gedrängt, das Angebot anzunehmen, habe die verschiedenen Optionen aber anbieten müssen.

Bei Immigon sieht man das anders: Man habe mit den Ergo-Versicherten keine eigene Geschäftsbeziehung. Was Ergo anbiete, sei allein deren Sache. Zu einem späteren Zeitpunkt werde es für Privatanleger ein eigenes Rückkaufsprogramm geben. Die Immigon werde Privatanleger und andere Investoren gleichbehandeln.

Bei Merkur heißt es, man habe das Problem schon großteils gelöst: Kunden wurde schon vor Beginn der ÖVAG-Abwicklung verschiedene Angebote gemacht, wie etwa die Umschichtung in eine klassische Lebensversicherung. (szi, 24.7.2015)