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Harte Zeiten: Der linke Finanzminister Tsakalotos muss für Sparmaßnahmen werben, die er nie wollte.

Reuters

Binnen vier Wochen will Griechenlands linksgeführte Regierung nun einen dritten großen Hilfskredit mit den Geldgebern von EU, Europäischer Zentralbank (EZB) und Internationalem Währungsfonds aushandeln. Die erste Gesprächsrunde soll am Freitag in Athen beginnen. Ein "neutraler Ort" wurde Mittwoch noch gesucht. Das Finanzministerium werde es definitiv nicht sein, hieß es von Regierungsseite.

Ein regierungskritisches Blatt gab gleichwohl an, das erste Treffen fände bereits am heutigen Donnerstag statt. Die Vertreter der "Troika" würden wie früher in die Budgetbehörde des Finanzministeriums kommen, meldete "Protothema" am Mittwoch.

Regierungschef Alexis Tsipras will bis zum 20. August eine Einigung über die Bedingungen für den Hilfskredit. Dann sind wieder 3,19 Milliarden Euro an die EZB fällig. Nationale Parlamente in der EU müssten dem dritten Rettungskredit an Griechenland zustimmen. Er soll 86 Milliarden Euro betragen und über eine Laufzeit von drei Jahren ausgezahlt werden, wobei bereits Zweifel laut wurden, ob die Summe reicht; 2010 und 2012 erhielt Griechenland insgesamt 240 Milliarden Euro.

Neue Pragmatiker

Auf griechischer Seite werden die Verhandlungen von einem Regierungsrat für Wirtschaftspolitik (KYSOIP) geführt, der aus technischen Teams in Athen und Brüssel besteht und einer politischen Führung. Ihr gehören Premier Tsipras an, Vizepremier Yiannis Dragasakis und die Minister für Finanzen, Wirtschaft und Energie – Euklid Tsakalotos, Giorgos Stathakis und Panos Skourletis. Sie alle gelten als Pragmatiker im Gegensatz zum früheren Finanzminister Yanis Varoufakis und den Mitgliedern der Linken Plattform in der Regierungspartei Syriza.

Der Generalsekretär der Regierung, Spyros Sagias, leitet den Wirtschaftspolitikrat. Giorgos Houliarakis, der Chef des Rats der Wirtschaftsberater – ein ständiges Gremium griechischer Regierungen -, führt die technischen Teams an; beide Männer werden auf Kreditgeberseite als seriöse Ansprechpartner geschätzt. Der IWF hat als neue Chefverhandlerin die Rumänin Delia Velculescu benannt; sie hatte 2013 von IWF-Seite das Kreditpaket für Zypern geschnürt.

Neue Gewerkschaftsproteste

Mittwochabend stand die Abstimmung über eine zweite Reihe von Eilgesetzen an, die Tsipras ultimativ als Vorbedingung für die Aufnahme von Gesprächen über den Kredit gestellt wurden. Spätestens bis Mitternacht am 22. Juli hatte das griechische Parlament eine Banken- und eine Justizreform anzunehmen; Letztere soll helfen, Gerichtsverfahren etwa bei Insolvenzfällen zu beschleunigen. Die Gewerkschaft der öffentlich Bediensteten Adedy und die der kommunistischen Partei nahestehende Gewerkschaft Pame riefen ihre Anhänger zu einer neuerlichen Protestkundgebung vor dem Parlament während der Debatte und der anschließenden Abstimmung auf.

Innerparteilich schlägt der bisher stets auf Konsens bedachte Tsipras nun andere Töne an. Mit Varoufakis, dem entlassenen Energieminister Panayiotis Lafazanis und den anderen Abgeordneten der Syzia-Fraktion im Parlament, die gegen die neuen Spargesetze gestimmt oder sich enthalten hatten, ging Tsipras hart ins Gericht.

Sie versteckten sich hinter der Unterschrift, die er den Kreditgebern leisten musste, heißt es in einem internen Papier, das an die griechische Presse weitergegeben wurde. Er habe Reaktionen und "heldenhafte Erklärungen" gesehen, aber keine Alternativen zu der "Erpressung vom 12. Juli", heißt es in Tsipras' Kritik an der Parteilinken. Mit der "Erpressung" meint der Regierungschef die Übereinkunft zur Aufnahme von Kreditverhandlungen, die bei dem Dringlichkeitstreffen der Staats- und Regierungschefs der Eurozone in Brüssel erzielt worden war. (Markus Bernath, 23.7.2015)