Gerti Grabmann, erste Frau an der Spitze der Bio Austria.

BIO AUSTRIA

Wien – Frauen in führender Stelle in der Bauernschaft waren von jeher Raritäten. Die Landwirtin Gerti Grabmann durchbricht das starre Korsett. Sie steht seit kurzem an der Spitze von Europas größtem Bioverband, der Bio Austria. Bisher sei keine männliche Unmutsbekundung an ihr Ohr gedrungen, sagt sie und lacht. "Es ist ja nicht entscheidend, wer was sagt, sondern was und wie er es sagt." Frauen werde viel Organisationstalent nachgesagt. In diesem Sinn werde sie es auch schaffen, den Job mit ihrem Hof in Oberösterreich unter einen Hut zu bringen. Anders als ihr langjähriger Vorgänger bezieht sie dafür kein eigenes Gehalt.

Grabmann muss Stabilität in die Branche bringen. Nach außen hin gilt es, in Österreich mehr Landwirte für die Bioproduktion zu gewinnen: Ihre Zahl stagniert entgegen allen Erwartungen seit Jahren. Verbandsintern gehören schmerzlich hohe Verluste ausgebügelt und finanzielle Wogen geglättet. Kürzlich schrieb Bio Austria die Stelle des Geschäftsführers aus. Der oder die Neue wird der Siebente innerhalb von zehn Jahren.

"Einvernehmliche Lösung"

Die Trennung vom bisherigen Chef soll aber nicht reibungslos verlaufen, ist intern zu hören. Von gut dotierten Fünfjahresverträgen ist die Rede, vom Pochen auf ein Jahresgehalt und von der Suche nach Verfehlungen. "Wir bemühen uns nach wie vor um eine einvernehmliche Lösung", relativiert Grabmann. Es brauche nun für alle ein stabiles Arbeitsumfeld.

Querelen soll es auch an anderer Front geben. Es geht dabei um Förderungen für Qualität, die über übliche Standards hinausgeht – und die auch die Arge Bio Wiesenmilch, eine Kooperation des Verbands mit der Molkerei Kärntnermilch, beantragt hat. Ex-Bio-Austria-Obmann Rudi Vierbauch steht ihr vor. Die Höhe für die Absatzförderungsmaßnahme ist mit zwei Millionen Euro für zwei Jahre gedeckelt. Die Wiesenmilch erhofft sich 70 Prozent davon. Geld, das für andere Projekte der Bio Austria, für die um wesentlich geringere Beträge angesucht wurde, nun fehlt, wie intern beklagt wird. In der Branche wird kolportiert, dass das Ministerium nun nach einem Mittelweg sucht: In der Folge könnte es für alle eingereichten Projekte um rund ein Fünftel weniger geben. Bio Austria bestätigt das Förderansuchen für die Kärntner Bio Wiesenmilch. Über alles andere sei man aber nicht informiert.

Angespannte Finanzlage

Für den Verband würde geringere Förderung die finanzielle Lage nicht erleichtern. Jüngst soll man Betriebe in Niederösterreich gebeten haben, ihre Mitgliedsbeiträge bereits jetzt und nicht erst im Herbst zu begleichen. Gerti Grabmann ist überzeugt, die finanziellen Nachwehen der vergangenen Jahre in den Griff zu bekommen. "Wir werden Lösungen finden."

Die Österreicher greifen im Lebensmittelhandel bei sieben Prozent der Frischprodukte zu Bio. Grabmann will sich auf keine Zahlen für das künftige Potenzial festlegen – es gebe aber jedenfalls viel Luft nach oben, sagt sie. Sorge, dass im Zuge starker Expansion Qualitätskriterien verwässern, hat sie nicht. "An den Qualitätsstandards gibt es nichts zu rütteln."

Die Marktmacht des Handels – drei Ketten beherrschen mit ihren Eigenmarken 80 Prozent des Biogeschäfts – sieht sie pragmatisch: Supermärkte seien Teil der Biobewegung. Und was die Stärkung eigener Marken betrifft, "ist noch nicht aller Tage Abend". (Verena Kainrath, 23.7.2015)