Wohnen und Arbeiten am Wasser: Ersteres zum Beispiel im Buwog-Projekt 52° Nord, ...

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... Letzteres in der Leuchtenfabrik der s Immo AG.

Foto: S immo ag

Berlin boomt: Um etwa 40.000 Menschen wächst die Stadt jährlich, der Neubau kann bei einer solchen Nachfrage nicht mithalten. Gegenden weit außerhalb des S-Bahn-Rings rücken zunehmend in den Fokus von Playern, die auch aus Österreich kommen: Der Buwog gehören 5000 Wohnungen in der deutschen Hauptstadt, der s Immo AG 100 Wohnprojekte und Grundstücke, im Fokus stehen aber gewerbliche genutzte Objekte mit Entwicklungspotenzial. Beide Unternehmen wollen künftig verstärkt auf die deutsche Hauptstadt setzen.

Dieser Erfolg war nicht immer absehbar: "Um die Jahrtausendwende war die Situation in Berlin trist", berichtet Robert Neumüller, Geschäftsführer der s Immo Germany. Nach dem Fall der Mauer sei man von einem Aufschwung ausgegangen, der aber ausblieb.

Fabrikquartiere wie Oberschöneweide im Bezirk Treptow-Köpenick seien komplett zusammengebrochen, die Industrie weggewandert. "Alles hier lag brach", so Neumüller. Die Ironie der Geschichte: An die ehemaligen Orte der Old Economy ziehen nun junge Start-ups. Diese Flächen schauen zum Beispiel so aus wie die Leuchtenfabrik in den Spreehöfen, die die s Immo Anfang 2015 kaufte und die nun denkmalgerecht saniert werden soll.

Qualität bei Mietern

"Einen einstelligen Millionenbetrag" will das Unternehmen hineinstecken – und die Mieter dann sorgfältig auswählen. Denn wer auf die Qualität der Mieter Wert lege, bekomme dadurch ein Upgrade und ziehe so wieder andere, gleichwertige Nutzer an, betont Daniel Bormann vom auf Immobilienprojektentwicklung und -marketing spezialisierten Unternehmen Realace GmbH. So könne man sich schneller am Markt behaupten als die Konkurrenz.

Auch an der Dahme, dem Nebenfluss der Spree, wird von Österreichern entwickelt: In Grünau, wo heute auf einer kargen Anhöhe nur ein Showroom aus Containern steht, soll ab Sommer das Buwog-Projekt 52° Nord entstehen. Es ist die bisher größte Entwicklung des Unternehmens in Deutschland: Bis 2023 sollen 850 Wohnungen gebaut werden, die zwischen 2150 und 4690 Euro pro Quadratmeter kosten werden.

Bis in die 1990er stand hier eine Chemiefabrik. Der Boden war nach Jahrzehnten von Chemieabfällen so kontaminiert, dass er erst saniert und zwei Meter des Bodens abgetragen werden mussten. Die Sanierung des Grundwassers wird noch weitere zwei Jahre dauern.

Mitbestimmung wichtig

Nicht weit davon ist ein weiteres Buwog-Projekt am Flussufer schon weiter fortgeschritten. Der Rohbau steht, das Projekt "Uferkamm" ging vor kurzem in die Vermarktung. "Nun müssen wir aber ein wenig langsamer bauen", meint Alexander Happ, Geschäftsführer von Buwog Property Development in Deutschland. Denn bei Berliner Käufern werde Mitbestimmung bei der künftigen Wohnung großgeschrieben. Weitere Berliner Spezifika: Wohnungssuchende, die es sich leisten können, verlangen hohe Raumhöhen, Holzfenster, einen Balkon und ein Bad mit Dusche und Badewanne.

"Wir sind in Berlin nicht angetreten, um Zwutschkerln zu sein", sagt Daniel Riedl, CEO der Buwog. In der Berliner Development-Pipeline befinden sich derzeit 1692 Einheiten mit einem Investmentvolumen von 530 Millionen Euro. Gerade erst wurden drei weitere Grundstücke angekauft. Seit 2012 entwickelt die Buwog in der deutschen Hauptstadt Projekte. Außerhalb Berlins gibt es derzeit hingegen "keine Ambitionen", in die Projektentwicklung einzusteigen, so Riedl. Bei der s Immo will man sich in den kleineren Städten indes auf Wohnimmobilien beschränken, seit kurzem ist man auch in Magdeburg vertreten.

Die Durchschnittsrendite in Deutschland liegt bei 7,4 Prozent, in Österreich bei 4,3 Prozent. Seit Jahresanfang stiegen die Angebotspreise um 3,6 Prozent – die Preise sind aber im internationalen Vergleich noch immer verhältnismäßig moderat – ein Schluss, zu dem man auch im aktuellen Berliner Wohnmarktreport von CBRE kommt. In Berlin gebe es derzeit noch "sehr viele Grundstücke", so Riedl. Die Stadt sei "voller Grundstücksspekulanten", man verhandle mit Menschen aus den unterschiedlichsten Ländern.

Beliebte Wiener

Das bestätigt man auch bei der s Immo AG. Beide Unternehmen sind sich aber einig, dass die Behördengänge zu lange dauern. Das Problem sei den offiziellen Stellen aber wenigstens mittlerweile bekannt, sagt Happ: "Wir genießen bei den Ämtern einen guten Ruf als Wiener." Das Rote Wien sei auch Deutschen ein Begriff.

Die Angst vor Bürgerinitiativen geht in Berlin nicht erst seit dem Volksentscheid zum Tempelhofer Feld um. Weder bei der s Immo noch bei der Buwog will man jedoch in Berlin Probleme mit Anrainern haben. Transparente wie "Kiez statt Profitwahn. Spreeufer für alle" machen das Spannungsfeld aber beispielsweise rund um den Osthafen deutlich.

Die Mietpreisbremse, die seit kurzem in der deutschen Hauptstadt in Kraft ist, wird von Buwog und s Immo AG kritisch beäugt. "Wir merken es derzeit noch nicht", sagt Neumüller. "Es wird zwar sicher einen Dämpfer in manchen Bereichen geben, aber die Marktkräfte werden am Ende siegen." (Franziska Zoidl, 18.7.2015)