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Spaniens Premier Mariano Rajoy kämpft gegen exorbitante Jugendarbeitslosigkeit.

Reuters, Comos

Dass man von Berlin über Wien bis London immer öfter Spanisch auf den Straßen hört, hat seinen Grund: die exorbitante Jugendarbeitslosigkeit in Spanien, die bei rund 50 Prozent liegt und die junge Generation ihrer Perspektiven beraubt – höheren Bildungsabschlüssen zum Trotz. Laut dem staatlichen Statistikinstitut INE, wie Ende Juni publik gemacht, sind 2014 in Summe 78.785 Spanier ausgewandert.

Das sich als "Marea Granate" ("granatrote Flut") bezeichnende transnationale Kollektiv der Auslandsspanier hegte Zweifel an den offiziellen Zahlen aus Madrid – und verglich diese mit Informationen aus den Zielländern. Dabei handelt es sich um Daten zu Aufenthaltsbewilligungen, Sozialversicherungen oder den Jobsuchenden an Arbeitsämtern. Untersucht hat man dabei den Zuzug nach Großbritannien, Deutschland, Österreich, USA, Irland, Uruguay, Norwegen, Dänemark und Island.

Einer geht, viele kommen an

Denn in einigen der neun untersuchten Zielländer sei um das Zehnfache mehr an spanischen Wirtschaftsmigranten angekommen, als das INE angab, so die Erkenntnis der Marea Granate. Ein Beispiel: Lediglich 9.797 Spanier wanderten 2014 laut INE nach Großbritannien aus. Laut Londons Statistik beantragten jedoch im selben Jahr 50.260 spanische Staatsbürger die sogenannte "National Insurance Number", welche unabdingbar ist, um dort legal zu arbeiten und Versicherungsanspruch zu haben. Auch in Irland variieren die Zahlen der Neuankömmlinge zwischen Madrid (722) und Dublin (5.195) extrem, ebenso in Uruguay (668 zu 6.462). Nach Österreich kamen laut Statistik Austria 2014 639 Einwanderer aus Spanien, gemäß INE waren es bloß 496.

"Die Regierung unter Premier Mariano Rajoy minimalisiert konstant die realen Zahlen der Emigration", kritisiert man vonseiten des Marea-Granate-Kollektivs. Beispielsweise Rajoy in der parlamentarischen Debatte "zur Lage der Nation" im Februar, als er angab, es seien seit 2011 lediglich 24.638 junge Spanier ins Ausland gezogen – während das dem Sozialministerium unterstellte Jugend-Institut 218.000 unter 35-jährige Spanier, die zwischen 2008 und 2013 ihrer Heimat den Rücken kehrten, auflistet.

Kaschierende Zahlen

Grund für die kaschierenden Zahlen, welche von der regierenden Volkspartei Partido Popular gehandhabt werden, ist das Register der Auslandsspanier – Basis der von der INE erfassten Migranten. Die Zahlen werden von Botschaften und Konsulaten erhoben. "Nicht jeder Auslandsspanier ist dort registriert", betont Marea Granate: "Im Gegensatz zur Sozialversicherung, die Pflicht ist."

Vom INE fordert man daher, dass dieses "Wissenschaftlichkeit und politische Neutralität" garantiere sowie der Manipulation der Regierung entgegentrete, denn: An ausländische Daten zu gelangen sei, wie man bewiesen habe, eine Leichtigkeit. (Jan Marot aus Granada, 17.7.2015)