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Die meisten Asthmapatienten werden nach dem gleichen Stufenschema behandelt, das vor allem Kortisonpräparate und Betamimetika vorsieht. Das könnte sich aber in Zukunft ändern.

Foto: Reuters / KIM KYUNG-HOON

Für Menschen mit Krebs gibt es schon seit Jahren gezielt wirkende Medikamente, mit denen viele Patienten länger und besser leben. Um zu wissen, bei wem welches Medikament passt, bestimmen die Ärzte Substanzen im Tumorgewebe, so genannte Biomarker, und schlagen je nach Biomarker-Profil eine entsprechende Behandlung vor.

Die meisten Asthmapatienten werden dagegen nach dem gleichen Stufenschema behandelt, das vor allem Kortisonpräparate und Betamimetika enthält. "Mit dieser Stufentherapie werfen wir aber die meisten Patienten in einen Topf", sagt Cezmi Akdis, Direktor des Christine- Kühne-Zentrums für Allergieforschung und Edukation CK-CARE im Schweizerischen Davos. "Wir beginnen erst langsam zu verstehen, welche Biomarker uns bei Asthma helfen können, die Therapie mehr zu individualisieren."

Indikatoren für Allergie

An vielen Kliniken werden bei Asthma-Patienten inzwischen Biomarker bestimmt: Es sind dies Stickstoffmonoxid (NO) in der Ausatemluft, die eosinophilen Immunzellen im Sputum und im Blut sowie Antikörper im Blut. Sind die NO- und Eosinophilenwerte erhöht, weist das auf eine Allergie hin, zum Beispiel gegen Pollen oder Hausstaub.

Lässt sich diese mit Hauttests und Antikörpern bestätigen, spricht das für ein allergisches Asthma. "Bei so einer Biomarker-Konstellation erhöhe ich zunächst die inhalierte Kortisondosis statt ein Betamimetikum dazu zu verschreiben", erklärt Malcolm Kohler, Direktor der Pneumologie am Unispital in Zürich. "Denn diese Patienten reagieren sehr gut auf Kortison."

Ob die Therapie hilft, erkennt man daran, dass NO, Eosinophile und Antikörper wieder sinken. Sind dagegen NO und Eosinophile nicht erhöht und findet sich kein Hinweis auf eine Allergie, würde er eher ein Betamimetikum ergänzen.

Biomarker nicht immer verlässlich

Das erste gezielt gegen Asthma wirkende Medikament, Omalizumab, kommt zum Einsatz bei schwerem allergischem Asthma. Es fängt die Antikörper ab und unterdrückt so die Entzündungsreaktion. "Omalizumab kann die Beschwerden hervorragend lindern", sagt Peter Schmid-Grendelmeier, Leiter der Allergologie am Unispital Zürich. "Hier sind wir auf dem besten Wege zu einer personalisierten Medizin." Allerdings sind die Biomarker nicht immer verlässlich. So kann zum Beispiel die Menge an Eosinophilen oder Antikörpern im Tagesverlauf schwanken. Und NO kann auch bei Leuten mit Allergie oder Atemwegserkrankungen erhöht sein, die kein Asthma haben.

Zurzeit werden mehr als ein Dutzend neue Medikamente getestet, die gezielt gestörte Signalwege bei Asthma unterdrücken sollen. Die richten sich vor allem gegen Botenstoffe, so genannte Interleukine. "Bis jetzt ist aber nicht klar, mit welchem Biomarker wir die Patienten identifizieren, die davon profitieren", sagt Ioana Agache, Expertin für Asthma bei der Europäischen Akademie für Allergie und klinische Immunologie (EAACI).

Am weitesten fortgeschritten sind Studien mit Mepolizumab und Reslizumab, die sich gegen das Interleukin-5 richten und 2016 zugelassen werden könnten. In ersten Studien linderten die Präparate schweres Asthma. Der Hersteller von Lebrikizumab, das Interleukin-13 blockiert, hat gleich einen passenden Biomarker mitgeliefert, Periostin im Blut. Allerdings konnte der preiswertere NO-Test ähnlich gut vorhersagen, für wen sich die Therapie eignen würde. "Wir müssten zu jedem der neuen Substanzen einen entsprechenden Biomarker finden", sagt Agache.

Keine einzelne kranke Zelle

Bei Krebs gehen Forscher meist anders herum vor: Zunächst schauen sie, welche Stoffe und Signalwege in den Krebszellen anders sind als in gesunden Zellen. Dann entwickeln sie Medikamente, die gezielt bei diesen Stoffen und Signalwegen eingreifen. "Das ist bei Asthma aber nicht so einfach", sagt Kohler. "Wir haben keine einzelne kranke Zelle, die wir unter die Lupe nehmen können."

Er versucht mit einer neuen Methode, in der Atemluft Stoffwechselprodukte und –vorgänge zu messen und so neue Biomarker zu finden. "Mit unserem Massenspektrometer erkennen wir inzwischen Hunderte von Molekülen", erzählt er. "Jetzt sind wir dabei, diese zu identifizieren und hoffen, damit ein Biomarker-Profil für verschiedene Asthma-Typen erstellen können."

Kostendruck

Andere Forscher suchen nach Biomarkern im Blut, im Sputum oder in der Lungenspülflüssigkeit. "Eine neue Einteilung in Asthmatypen ist nur durch die Kombination mehrerer Biomarker möglich, die wir mit ganz unterschiedlichen Methoden messen", sagt Allergologin Agache. Sie ist dabei, solche Typen zu definieren und die Biomarker festzulegen, mit dem man einen Patienten einem Typen zuordnen könnte.

Dies sei dringend notwendig, sagt Allergologe Schmid-Grendelmeier. "Die Antikörper sind extrem kostspielig. Wir müssen wissen, für wen sich die teure Therapie lohnt." Ob es im Interesse der Pharmafirmen ist, die Anwendung auf bestimmte Patientengruppen zu beschränken, steht auf einem anderen Blatt. (Felicitas Witte, 18.11.2015)