Wien – Eine internationale Forschergruppe unter Beteiligung der Technischen Universität (TU) Wien hat Quanteneffekte untersucht, die bei der Photosynthese von Pflanzen wichtig sind. Wie die Wissenschafter nun im Fachblatt "Nature Communications" berichten, spielt die Kopplung zwischen molekularen Vibrationen und elektronischen Anregungen dabei eine zentrale Rolle.

Die Photosynthese gilt als der bedeutendste biochemische Prozess auf unserem Planeten. Mithilfe chlorophyllhaltiger Molekülkomplexe wandeln Pflanzen und manche Bakterien Sonnenlicht in elektrochemische Energie um – und das mit beeindruckender Effizienz. Bei der Erforschung dieser Vorgänge ist in den vergangenen Jahren ein spezieller Quanteneffekt ins Zentrum der Aufmerksamkeit gerückt.

Erstaunlich lange Lebensdauer

Es handelt sich dabei um besonders langlebige, angeregte Quantenzustände. Sie sollen für den Transfer der Energie innerhalb der Molekülkomplexe und damit für die hohe Effizienz verantwortlich sein. Diese speziellen Zustände überleben für die Dauer von Hunderten Femtosekunden (eine Femtosekunde ist eine Billiardstel Sekunde). Für quantenmechanische Zustände in einem Molekülkomplex bei normalen Umgebungstemperaturen ist das erstaunlich lange. Wie es zu dieser außergewöhnlich hohen Lebensdauer kommt, war bisher allerdings umstritten.

"Ursprünglich ging man davon aus, dass der Energietransfer ausschließlich über angeregte Elektronen abläuft", erklärte Jürgen Hauer vom Institut für Photonik der TU Wien, der Mitautor der aktuellen Studie ist. Da solche Zustände jedoch sehr kurzlebig sind, konnten die beobachteten hohen Lebensdauern so nicht erklärt werden.

Cyanid statt Chlorophyll

"Später wurde dann versucht, die Effekte aufgrund der Schwingungen der Atomkerne zu erklären", so Hauer. "Im Vergleich zu den kleinen und flinken Elektronen sind diese sehr träge und langlebig." Da diese Schwingungen jedoch stark auf ein Molekül lokalisiert sind, lässt sich auf diese Art der Energietransfer wiederum nur schlecht beschreiben.

Um die Frage endgültig zu beantworten, schufen die Forscher im Labor ein Modellsystem. Anstelle von Chlorophyll benutzten sie dazu Cyanid-Farbstoffmoleküle, die sie – ähnlich wie Chlorophyllmoleküle in der Natur – zu röhrenartigen Molekülkomplexen zusammensetzten.

"Unsere Messungen zeigen, dass die Wahrheit sozusagen in der Mitte liegt", so Hauer, der 2012 einen START-Preis des Wissenschaftsfonds FWF erhielt, die höchstdotierte Förderung für Jungforscher in Österreich. "Es ist eine Kopplung aus Vibration und elektronischer Anregung, die den schnellen und effizienten Transfer der Lichtenergie in den Molekülverbänden ermöglicht. Dabei borgt sich der elektronische Zustand sozusagen Lebensdauer von der Schwingung. Beide gehören dann untrennbar zusammen und sind nicht mehr unterscheidbar."

Nützliche Eigenschaften

Mit ihrem Modellsystem haben die Forscher bisher nur den sogenannten Antennenkomplex nachgestellt, also den Teil der Pflanze, der das Licht absorbiert und die Energie zum eigentlichen Reaktionszentrum weiterleitet. In einem weiteren Schritt wollen sie nun mithilfe sogenannter Quantendots auch das Reaktionszentrum selbst nachbilden und so die Abläufe bei der Photosynthese noch weiter ergründen.

Von einem besseren Verständnis der Photosynthese erhoffen sie sich auch eines Tages bessere Solarzellen mit ähnlich guten Eigenschaften wie die biologischen Kraftwerke der Zellen. So sind biologische Zellen speziell in den ersten Schritten der Verarbeitung von Lichtenergie deutlich effizienter als künstliche Solarzellen. (APA, 18.7.2015)